Doch erlauben Sie mir, Ihnen die Frage zu stellen, wozu ein Mensch heutzutage noch auf die Erde kommt. Die Beantwortung dieser Frage ist nämlich nicht ganz unwichtig. Etwa um Gelder zusammenzuraffen und reich zu werden, um sich dann, wenn man sich flussabwärts als Spekulant auf den Aktienmärkten genug ausgetobt hat, in ein Pflegebett zu legen und sich die letzten 20 oder 30 Jahre tapfer zu Tode pflegen zu lassen? Kühn, meine Damen und Herren, behaupte ich, dass die Welt noch nie so gründlich und fest im Griff des Geldes war wie heute. Selbst die Universitäten, die Brutstätten des Geistes, hält das Geld bereits an der Sklavenleine. Die Wahrheit wird euch frei machen steht zwar noch in goldenen Lettern über ihren Eingangstüren; die Wahrheit aber ist, dass selbst die Wahrheit längst eine Gefangene des Geldes ist und dass die Forschungsergebnisse zum Verkauf ausstehen, noch ehe sie das Licht der Welt erblickt haben. Wenn nun aber alle Welt auf Geld aus ist, dann müssten wir ja sehr dumm sein, wenn wir nicht auch unser Teil von diesem Kuchen haben wollten? Was mich betrifft, so bin ich Madame Nil Santi, die Inhaberin und Vorsteherin dieser Villa, die es sich angelegen sein lässt, alt gewordene Reiche mit mehr oder minder großen Verdiensten, alle aber mit einem großen Sack Geld, ins Bettchen der Ruhe zu bringen. Die überwiegende Mehrzahl unserer Gäste bevorzugt dabei einige Gesellschaft; die einen, um sich dabei ihre Füße massieren zu lassen und aufzuwärmen, andere, um etwas Weibliches und Warmes um sich zu haben, wieder andere, um sich noch einmal im großen Spiel zu versuchen, ehe die große Stille kommt. Um allen diesen Bedürfnissen nachzukommen, verfüge ich über ein gutes Dutzend Angestellte, alles gut aussehende und durchtrainierte junge Damen, die, mit den Wünschen und Lebensgewohnheiten und Bedürfnissen unserer Gäste vertraut, wissen, was sie zu tun haben. Was die Vielfalt und den Reichtum der Begabungen meiner Mädchen angeht, muss ich nicht viel Worte verlieren. Die eine hat einen Schmelz in ihrer Stimme, dass jede Primadonna von Operettenprinzessin vor Neid erstürbe, die andere singt so laut und kräftig wie eine Nachtigall, dass man damit bequem eine Milliarde Schallplatten bestücken könnte; die dritte weiß sich zu geben und zu betragen, dass man sie sich am liebsten gleich auf den Schoß setzen würde. Vornehmlich aber die Kunst, das uralte und ewig neue Bedürfnis des Mannes zu wecken und zu befriedigen, beherrschen sie alle. Dass uns jener besagte Abgang gleichwohl nicht immer so gelingt, wie wir ihn geplant haben, ist zwar bedauerlich, aber doch eben leider auch verständlich. Oder sind wir nicht fast alle im Begehren und Wünschen Kannibalen und Kyklopen? Zumal wo man kaum mehr eine Grenze sieht zwischen Erlaubtem und Verbrechen, werden die Dinge delikat. Alles, was Geld hat, kommt ja schließlich zu uns. Und viele von diesen stellen Ansprüche, die auch mit der dicksten Verlockung von Gold und Geld nicht erfüllbar sind. Stets aber versuchen wir, unser Bestes zu geben. Und wo viel Geld keine Rolle spielt, lassen wir uns auch manch ein kühnes, außergewöhnliches Stückchen einfallen.