{ Leseprobe 132 }

Literatur von Martin Ganter

Aus dem Werk "Madames (ein Komödchen mit etwas Gesang)"

Santi: Dann lassen Sie mich noch ein paar grundsätzliche Dinge wiederholen, Ihnen, denen es obliegt, groß und klein zufrieden zu stellen; vor allem aber den sogenannten Großen, d.h. den an ihrer Größe Laborierenden zu einem gesegneten Abtritt zu verhelfen. Gerade hier kommt es auf die rechte Behandlung an. Eine Dame, die sich mit Männern beschäftigt, muss ganz genau wissen, was für Zweibeiner das sind, mit denen sie sich einlässt. Als erstes sage ich, dass die Männer ohne uns Frauen niemals wissen können, wer sie sind. Allenfalls dass sie uns durch ihr Imponiergehabe dies glauben zu machen versuchen. Rumort es im Mann und seine Begehrlichkeit macht ihm zu schaffen, dann läuft er gleichsam in seiner angestammten Grundform einher, in der Grundform des nachtaktiven Tiers, das ebenso zum zärtlichen Schmusen fähig ist wie zum blutrünstigen Zubeißen. Diese Form ist auch heute noch immer erkennbar. Selbst unter dem Anzug aus den feinsten schottischen Garnseiden ist noch dieses Tier deutlich zu erkennen, roh und unkultiviert und ungeschliffen, durchaus aber auch domestizierbar. Zeigt dem Mann, dass es nicht nur die Jagd gibt und den Krieg und den Bramarbas, sondern auch den anmutigen ausgeglichenen Gesellschafter, den heiteren Gastgeber und munteren Tänzer mit seiner Körpersprache! Wo aber keine sexuelle Begierde herrscht, da besteht auch nur wenig Tendenz, sich durch eine außerordentliche Arbeit bemerkbar zu machen. Was aber die zweite Grundform angeht, so kommt der Mann auch oft daher und sucht nach seiner Mama. Meist geschieht das auch im Anschluss an seine Bedürfnisstillung. Da erscheint er dann in seiner zweiten Grundform: dem schutzbedürftigen Kind. Sonst aber, etwa auf Gesellschaften, bei öffentlichen Feiern und überhaupt in der Öffentlichkeit sehen wir den Mann gern als den Beschützer und Besitzer seiner Frau. Da tritt er auf als ein sanft und souverän lächelnder, um alles sich kümmernder und um alles wissender Herr Papa. Fast als wollte er allen anderen Weibchen bedeuten, dass es in seiner Umgebung nichts gibt als eine ewige Reihe köstlich sorgenfreier Tage. - Und nun kommen Sie! Ein Stück Schwerstarbeit liegt vor ihnen.