Wenn Geistiges uns tief im Innern waltet,
wird auch das Leben aus dem Geist gestaltet.
Und ob auch Not uns aus dem Paradies vertriebe,
Notwendiges erschafft der Geist der Liebe.
2. Als er am Mittagstisch noch ein Gläschen Wein getrunken hatte und allein zu Tisch saß (2.3.09)
4. Bitte um Erbarmen mit den Heiden
7. Frühlingssehnsucht im Alter
13. Denken, bilden, geordnet schreiben!
17. Liegt das verborgen in der Zeiten Schoß
22. Fahrt über dem Wasser (10.09.09)
24. Zusammen mit einer Strophe von Hölderlin
28. Als Kinder säumten wir mit Träumen
29. Wozu das Gehen und das Kommen?
30. Altorientalisches Weltgefühl
31. Die Tage treiben hin in stetem Müssen
33. Ein Blümlein auf dem Wintertisch
34. Welt mit deinem anspruchsvollen Wesen
37. Bald schon deckt Gras das Stückchen Muttererde
38. Wo du bist, da will auch ich sein!
39. Auch ich hätt gerne gesungen
41. Friede sei den Frommen und Gerechten
42. Noch ist sie mein (7.3.2010)
44. Herr, der du nimmst und der du gibst
47. Dem Schöpfer aller guten Gaben
48. Wir müssen uns nicht fragen
56. Und endlich fern sein, fern aller Begierde
57. Mädchen, hol den Brautschmuck aus dem Kästchen
58. Könnten wir wandeln durchs Frühlingstal
61. Wer lässt uns nur durchs Leben träumen
63. Und Abend wird und Morgen wird es wieder
64. Gepeitscht, gepeinigt, unheilüberschüttet
65. Zu einer Strophe von Du Fu
70. Was mir auch einmal geschieht
71. Ihr, die des Himmels Feste voll Bestand
75. Lasst nur in Ruh den Winterschnee
76. Nochmals zu einer Strophe von Hölderlin
77. Und nochmals zu einer Strophe von Hölderlin
83. Was ist es, das nach uns noch schaut
86. Geh nicht ins Haus des Todes voraus
88. Ich hör dich noch, mühsam im Atemwehen
Nach den dunkelkalten Tagen
und den Nächten, kaum zu sagen,
ist sie plötzlich wieder da,
Frühlingssonne, glänzend nah!
Jedem Blättchen aus der Ritze,
allerkleinster Blütenspitze
Eis und Schnee sind abgeschüttelt,
Lebenswille wachgerüttelt.
Ja, schon unter Dorfes Eichen
Musiker geben das Zeichen,
dass noch jedes Vöglein hör
siegreich ihn, den L'Empereur.
Und von hochgetürmten blauen
Himmelsfeldern wird er schauen
Jung und Alt, neu zu begeistern,
Tage, kommende, zu meistern.
Machst du dein Schläfchen, mach ich meins,
Man könnte schon den Tisch abräumen,
Am Schluss ist alles doch nur eins,
Und alles wird sich uns schon reimen.
Hier sitz ich noch, ich altes Haus,
Ob mich ein Schlückchen noch begeistet,
Und krame meine Weisheit aus,
als hätt ich wunder was gemeistert.
Und sehe ich auch niemand hier,
der meinen Worten Antwort brächte,
dem Mütterchen still neben mir
erheitre sie des Tages Nächte!
Als still ich dasaß und hatte acht,
was Schicksals Macht aus uns gemacht,
und wie ich in die Welt geboren,
als wär ich nur zum Tod erkoren:
taucht auf am Horizont ein Schimmer,
dass nichts doch werden könnte schlimmer
als es schon war, als noch nichts war
vor ein paar Milliarden Jahr.
Da schlummert´ ich noch lieb und brav
im Stall des Nichts mit Kuh und Schaf.
Jetzt aber hatt´ mit meiner Lieben
ich manch vergnüglich Spiel getrieben,
das fortan ich belächeln konnte,
auch wenn kein Licht uns mehr besonnte.
Die Fülle selbst all unserer Leiden
barg sie nicht noch Erinnerungsfreuden?
O Lebenstag, der uns entdeckt
und uns zusammen aufgeweckt!
Das Leben, wie es immer war,
blieb für uns immer wunderbar.
Freund Dante,
der die Heiden in die Hölle verbannte,
war nicht gut beraten, so zu verfahren.
Was auch haben die Christenscharen
einem Terenz, einem Plautus voraus?
Denk ich den lieben Gott mir zu Haus,
wo sein Liebe-Gott-Sein er geruhsam will leben,
und find ihn von vielen Leuten umgeben,
die nichts als "Großer Gott" können singen,
das würd mich doch schnell aus dem Häuschen bringen.
Zumal wenn das Herz einem traurig und schwer,
da müsst ein Terenz oder Plautus her,
das düstre Gemüt mir mit witzreichen Stücken
leicht zu umgarnen und zu umstricken.
Mit "Großer Gott" sollt keiner mir spotten,
dem durchpustet´ ich schnell seine Sünderklamotten,
verwandelt´ ihn gnadenlos in einen Frosch
mit einer scheuertorgroßen Gosch.
Drauf müsst er, verbannt aus dem himmlischen Reich,
zwölf Jahre quaken im Armsünderteich.
Ich kann manierlich lächeln,
ersinnen Liedlein schön,
wenn Mädchen zierlich fächeln
im Tanz sich um uns drehn.
Ich kann manierlich lächeln
anstimmen schöne Lieder,
wenn Mädchen zierlich fächeln,
sich bei uns lassen nieder.
Ich kann manierlich lächeln
singen mit meinem Lieb,
wenn Mädchen zierlich fächelnd
lang schon der Wind vertrieb.
Mit ihren weißen Glöckchen auf der Wiese,
von Stengelblättchen wenig nur bedacht,
bimmeln sie unbeirrt zum Paradiese,
ob auch noch Kälte kommen mag zur Nacht.
Als schmeckten sie bereits des Himmels Wonne,
ob auch voll Eis noch stecken Bach und Seee,
künden sie von der Macht der Frühlingssonne
unbeirrt, selbst aus frischgefallenem Schnee.
Jugendschwermut weilt in Herbstes Nächten,
Alter aber sinnt in Winters Nacht,
wann die Tage endlich wiederbrächten
Frühlings Herrlichkeit und bunte Pracht.
Sieht der Krähen tapferes Paar voll Freude,
das jetzt frierend noch den Schnee durchirrt,
wie es über frühlingsgrüner Heide
bald schon wieder seinem Horst zuschwirrt;
und die Vöglein, die der Süd will bringen,
und die Blümlein aus der Erde tief
und hebt an, den Frühling zu besingen,
der so lang die Winterzeit durchschlief.
Ich glätte ihr das Haar, streich ihr die lieben Wangen,
und such das Auge, ob auch mich es sucht,
und denk der Jahre, die nun schon vergegangen
und an der Zeiten unentwegte Flucht.
Und sehe Fahnen wehn, geschwellt von Trauer,
und hör ein Schweigen, das uns näher schleicht,
und spür den Druck anwachsen mit der Dauer
des Schweigens, bis der Terror uns erreicht.
Bis es geläutet draußen vor der Tür,
und Tod und Henkersknechte stünden dort,
und, ohne Zeit zum Abschiednehmen, wir,
müssten für immer dann, für immer, fort.
Bergauf steigt der Frühling mit seinem Grün,
derweil im Tal die Kirschbäume blühn
schneeweiß voller Blüten, zum Überschäumen,
als wollten sie ewig so hin vor sich träumen.
Wenn dann des Schwarzwalds Höhn er erreicht,
und der letzte Schnee auf den Hängen ihm weicht,
siehst du mit Fähnchen schon ziehn in den Garten
die Kinder, die schon den Sommer erwarten.
Der Weg führt lang schon nicht mehr aus dem Haus,
nur noch durchs Fenster dringt der Blick nach draußen,
was jung und lebenslustig war, zog aus,
woanders nun den Alten fern zu hausen.
Die Schwalben nur, zurück von ihren Reisen,
umkreisen altvertrauter Dächer Pracht.
Die Alten sinnen nach, was einst die Weisen
von ihren Welterkundigungen heimgebracht.
Ich rief ihm zu und sagte: Geh nicht weiter,
eh wir zusammen noch das Glas geleert.
Er aber schwang sich auf, wie einst die Streiter
zum Aufbruch schwer gerüstet auf sein Pferd.
Ich rief ihm zu, beschwor ihn, noch die Weile
zu warten, bis die Wang ich ihm gedrückt
zum Abschied, doch er war in großer Eile,
eh ich gebeten, war er schon entrückt.
Ich rief ihm nach, mir mindestens zu sagen,
wo ich ihn finden möchte, ich, sein Sohn,
doch nur von Ferne hört ich noch ein Klagen,
ich stand allein, und er war längst davon.
Den Todestag darf keiner mir erwähnen,
wenn er im Jahreskreislauf wiederkehrt,
ich mag kein Lichtlein zünden, keine Tränen,
dass Jammer nicht erneut das Herz beschwert.
Als Kind war mir, wann immer ich bedachte,
dass Mutter einmal nimmer bei mir wär,
dass sich ein Wetter über mir entfachte,
das mir des Herzens Schifflein machte schwer.
Sie lächelte, hieß es, eh sie gegangen,
als säh sie schon des Himmelreiches Tor
und hörte schon von fern wie zum Empfangen
den Ave-Gruß der Engelscharen Chor.
Denken, erfassen, geordnet schreiben!
Also wollt ich es immer treiben.
Manchmal indessen, im Übermut,
gings überraschend auch anders gut:
Da steckte die Nase zur Türe herein
noch vor dem Gedanken mir Reim um Reim.
Und prüft ich die Sache, ließ alles ich stehn.
Im Glück reimt sich alles, fast alles, sehr schön.
Mit ihren sonnengoldenen Blütenspitzen
hoch über Schaft und Blätterkrone blitzen
taufrisch die Iris, eben aufgegangen,
das erste Licht des Morgens einzufangen.
Und nahe bei, den Morgen mit zu loben,
ist auch ein junger Rotschwanz ausgeflogen.
Da ist nun überaus geschäftig Treiben,
dass ich nicht länger mehr im Haus kann bleiben.
Hinaus nun drängt es mich, schnell in den Garten,
wo mich das Fest des Lebens mag erwarten.
Ein Mägdlein tränkt die Sprösslinge der Kresse
still nebenan, als wärs die Wurzel Jesse.
Wie hat an frischer Jugend Blühen heut
das hochbetagte Alter seine Freud.
Muss es sich nun aufs Schauen auch beschränken,
kann es des Guten viel dazu doch denken.
Sag mir, was der Frühling bringt,
wenn die Vöglein wieder singen,
Häslein nach der Häsin springt,
überm Feld die Glöckchen klingen.
Einst als ich zum Haus hinaus
schritt in morgenfrohe Stunden,
hab auch ich gleich vor dem Haus
mein Feins-Liebchen aufgefunden.
Und merkst du, dass die Tage dir gezählt:
Lass jeden Tag nur auf dich zu noch kommen
und zähl nicht mit, weil alles Zählen quält,
denk lieber, dass gezählt du zu den Frommen.
Und hast du endlich still für dich durchmessen,
was alles du erlernt im frühen Jahr,
und was du später wieder dann vergessen,
was nur Ballast und Hindernis dir war.
Dann denk des Bilds, das uns der alte Seher
von Patmos Fluren aus einst noch gesandt:
Er sah uns allesamt als Todesgeher,
Christus, dem Himmelsstürmer zugewandt.
Dann ist die Stunde da, hinwegzugehen,
der Welt entrückt, im Geiste arm geworden.
Sorg dich nur nicht, was weiter mag geschehen,
es ist gesorgt schon bei des Himmels Pforten.
Liegt das verborgen in der Zeiten Schoß,
dass, was einst groß war, wird bedeutungslos?
Und dass man Kleines auslöscht und vergisst,
eh es erwächst und seine Kraft ermisst?
Zum Brunnen bin als Kind ich oft gegangen,
Wasser zu holen mit der Sonne Licht,
heut, ehe noch der Tag hat angefangen,
geh ich als Krug, gewärtig, dass er bricht.
Unerschöpflich, unbegreiflich,
unaufhörlich leicht und schwer,
wie in längst vergangenen Zeiten
Musen raunten dem Homer,
tönt es hin und tönt es wieder,
tönt es hin und tönt es her:
Helden waren nie zufrieden,
seit der Ruhm rauscht übers Meer.
Als weise Männer zogen sie durch ihre Zeit
und scheiterten doch in der Stunde der Gefahr;
dann irrten sie dahin im Pilgerkleid
und blieben arm bis in ihr letztes Jahr.
Das Leben, was es sei, wir wissen´s nicht,
nur dass wir kamen und bald wieder gehen,
und wenn nichts Gutes uns erschaut und zu uns spricht,
nichts Gutes kann einwurzeln und entstehen.
Wie die Krankheit mich doch prügelt,
stets von neuem, ungezügelt,
ohne Scheu und ohne Scham,
um mich nur der Liebe Gram,
ja der Liebsten Leid bedrückt
und ich merk, ich werd verrückt,
möcht die Toten fast beneiden,
weil sie nicht wie wir mehr leiden.
Endlich aber um Geduld
winsle ich, bedrückt von Schuld,
als hätt ich mir ausgedacht
dieses Leiden vor der Nacht.
Zu späten Abends Stunden
beim Gang durch tiefen Schnee
denk ich an meine Lieben,
ob ich sie wiederseh.
Wenn dann das Auge gleitet
durchs Dunkel haltlos still,
ist mir, als ob sie lauschten,
ob ich nun kommen will.
("Was wohl, Liebste, Pandions Kind, will?" Sappho)
Welch eine Fahrt hab ich gemacht
mit dir heut Nacht im Traume!
Du Liebchen saßest neben mir
in eines Schiffes Raume.
Vom Himmel leuchtete kein Stern,
das Licht verbargen Wolken,
nah überm Wasser Schwalben nur
sah ich uns eifrig folgen.
Sie tauchten immer wieder auf,
umkreisten uns und flogen,
die Bordwand streifend, rasch vorbei,
eh dass sie weiterzogen.
Mir war, als zögen sie das Schiff
mit sich, mit starken Schwingen,
es vor dem klirrend kalten Grund
in Sicherheit zu bringen.
Nur einmal noch hielt über Bord
ich Ausschau nach den Tiefen,
ob alles auch in Ordnung wär,
wenn beide wir nun schliefen.
Die Glocken läuten aus der Fern,
auch ich ging noch zur Messe gern
mit meiner Liebsten an der Hand,
wie einst, als uns die Liebe fand.
Wars damals auch mal nass und finster,
wir schritten dennoch froh zum Münster
unter dem schönsten Licht dahin,
das durch der Liebsten Schirm uns schien.
Herzliebchen wart, sag noch nichts, du!
Schließ deine lieben Äuglein zu
und lass mich dir weiter erzählen,
als würden wir uns neu vermählen.
Ein weißes Mützchen dich umfing,
als es zur Kirch, zur Brautmess ging.
Den Brautschnatz drunter hübsch und fein
besorgte dir dein Mütterlein.
Und drückte dich an sich: "Mein Kind,
das Glück", sprach sie, "bleib dir gesinnt,
nimm, den du dir gesucht zum Mann,
für immer nun in Treuen an!"
Dann wischt sie dir ein Tränlein aus
und führt' als Braut dich aus dem Haus.
Und alle wünschten Gutes dir,
selbst Väterchen noch an der Tür.
Wie glänzend hell war doch dein Haar,
das war vor einundvierzig Jahr,
da konntest du umher noch gehen,
noch auf den eigenen Füßen stehen.
Ja, unbeschwert und froh beschwingt
ist alles Leben, das beginnt
gesegnet in der Gegenwart,
dem bleiern Unheil bleibt erspart.
Wenn sich der Tag des Jahrs hinabgeneiget
Und rings das Feld mit den Gebirgen schweiget,
So glänzt das Blau des Himmels an den Tagen,
Die wie Gestirn in heitrer Höhe ragen:
Und schön Geschriebenes, wieder gelesen,
Erzählt uns dann von dem, was einst gewesen,
Als uns der Jugend Tage noch erfreuten,
Die uns wie Perlen aneinander reihten.
Lieb ist die Mutter, die den Hunger stillt.
Lieb auch das Kind, das Mutters Wunsch erfüllt,
lieb ist die Frau, die ihren Mann umhegt,
der Mann auch, der die Frau verehrt und pflegt,
Gut ist das Leben in der Erntezeit,
wenn Freude glänzt auf den Gesichtern weit,
die Scheuern stehen voll bis unters Dach,
von nirgends her dräut Not und Ungemach.
Schön ist sodann beim letzten Abendschein
ein Weilchen still beisammen noch zu sein,
wenn sich die Hände liebend fest umfassen,
dem Kommenden sich nun zu überlassen.
In den Märchen lebt noch der liebe Gott,
in Schluchten voll Bären und wilden Drachen.
Er rettet die Seinen, was ihnen auch droht,
aus Not und Elend und Todes Rachen.
Durch die tiefsten Wälder, wenn des Dunkels Gewalt
vom Himmel nirgends ein Licht mehr duldet,
führt er versteckt in des andern Gestalt
die Seinen, die nie ein Böses verschuldet.
Gut ist´s, zu zweien den Weg zu suchen
nach Haus, wenn die Vögel die Brösel gepickt
und aufgegessen den Rest vom Kuchen,
und die Bäume lächeln irrsinnig verrückt.
Die ersten dicken Flocken abwärts treiben,
bis abends dichter Schnee die Erde hüllt.
Wer ist, der uns ein Mittel kann verschreiben,
das Ängste bannt und banges Härmen stillt?
Durchs Schneegestöber ein paar Hunde eilen
sich Mut zubellend vor dem Tor der Nacht.
Was uns beruhigt, uns den Sinn mag heilen,
wer hat es gründlich je vorausbedacht?
Dass heiter wir durchs Leben uns bewegen
und ruhig wunschlos uns zur Ruhe legen.
Als Kinder säumten wir mit Träumen
des Lebens steile, unbekannte Bahn;
doch kaum, dass wir ein Stündlein nur versäumen,
schleicht unerwünscht das Alter schon heran.
Dann ahnen wir, wir sind nur noch ein Weilchen,
kaum wissend, wer wir waren, wer wir sind,
jetzt noch ein Glomerat von Teilchen
und bald schon Spreu für jeden Wind.
Wozu das Gehen und das Kommen?
Wozu alle die Wiederkehr?
Wozu mag all das Leben frommen,
das einst sich drängte maßlos aus dem Meer?
Wozu das alles? Zum Begreifen
den Tag, der fern schon zu ersehn,
wo alles Werden, Wachsen, Reifen,
als wärs ein Fehlversuch, zu Grund muss gehn?
Was ist es, was uns lockt und letzt?
Noch raunt die Sphinx ihr Hier und Jetzt.
Der Gott, der Erd und Himmel schuf,
in rastlos schaffendem Beruf,
der machtvoll durch das All gedrungen,
das Widerstrebendste bezwungen,
selbst noch den grimmen Leviathan
auf wild zerstörerischer Bahn,
dem, als der Schöpfung Wort er sang,
der Schöpfung Wunderwerk gelang:
Dem Menschen auch hat er´s gesungen,
ihn mit des Wortes Kraft durchdrungen
und angesiedelt auf der Erde,
dass er durch ihn verherrlicht werde.
Du musst nicht grübeln, wer du bist,
weil alles wohlgeordnet ist.
Die Tage treiben hin in stetem Müssen,
gleichgültig wie der Sand durchs Uhrenglas,
ob wir sie los sein wollen, sie vermissen
nichts geht ´s sie an, nichts interessiert sie das.
Nur Ruhe! Lass das Suchen
und Fragen, das nichts bringt!
Kein Mensch ist, der verwegen
hinauf zum Himmel springt.
Nur wie die lieben Kleinen
mach Sprünge vor dem Haus
und lach mit, wenn die Vöglein
dich weidlich lachen aus.
Ein Blümlein auf dem Wintertisch,
wer sieht´s, wenn viele beieinander sitzen?
Doch bist allein du, kannst du seinen Atem
umwehen sehen Blatt- und Blütenspitzen.
Welt mit deinem anspruchsvollen Wesen,
von den Großen sklavisch feil geliebt,
schmückst mit Ehren, die du dir erlesen,
laut auspreisend, wer sich dir ergibt.
Soll ich etwa deshalb dich drum schelten,
weil du meisterlich mich übersehn?
Lass mich namenlos nur weiter gelten,
will in mir schon weiter fort bestehn.
Wie Kinder in den ersten frühen Bildern
mit Zeichen, die sie eben erst erfunden,
den Mensch in seinen Handlungen schildern,
mit Kopf und Fuß und Augen unverbunden,
und allenfalls noch eine Hand daneben,
dass sie, was auf sie zukommt, mag erfassen:
seh ich vor mir den Tag, das tätige Leben,
das dem Verein der Sinne überlassen.
Von früher hallen zwar noch die Befehle,
doch keiner mehr steht da auf seinem Posten,
entflohen ist der General, des Ganzen Seele,
und jeder flieht, was immer es mag kosten.
Wer bin ich? Wer? Ein Heer, das im Entgleiten,
haltlos zerstiebt in unbekannte Weiten.
Was hab ich noch mit mir zu schaffen,
muss mich nicht dauernd selbst begaffen,
mich prüfend fragen, wer ich bin.
Brauch keinen Spiegel, mir zu lügen.
Wer mich begrüßt, s´ist sein Vergnügen,
sieht er mich ziehn des Wegs dahin.
Gern mied ich, was ich nicht kann brauchen;
würd´ nur des Hauses Schornstein rauchen
wegtragend Krankheit und Beschwer.
Doch nur Geduld, ihr Hungerraben,
auch ihr sollt euer Teil bald haben:
ist Liebchen nicht mehr, bin auch ich nicht mehr.
Bald schon deckt Gras die Muttererde,
dann ruht die Menschheit wieder aus
von all der Arbeit, Mühsal und Beschwerde,
und still wird´s wieder dann im Erdenhaus.
Was hat das Leben uns gebracht, was brachten
wir an den Tag, als uns das Wort erfand?
Was war´s, das wir uns hofften, uns erdachten,
das wir erkannten, was uns anerkannt?
Was wir im Stillen heimlich weiterreichten,
in Höhlenfeiern schon zu alter Zeit,
unter dem Wolkenzug, dem wechselleichten?
War´s nicht das Wort von der Unsterblichkeit?
Wo du bist, da will auch ich sein!
Wo ich bin, da sei auch du!
Dringt ins Aug auch nimmer Licht ein,
lass uns schlummern, Liebchen, fest in Ruh.
Müssen, wo wir sind, dann nicht mehr wissen.
Müssten nur, wo du mir fehlst, uns missen.
Auch ich hätt gerne gesungen
mit Orpheus Liedermund schön,
doch war, was meist mir erklungen,
mit Zweifeln bitter versehn.
Nur wenn ich von Liebchen durchdrungen
ich aus der Welt mich verlor,
drängte sich wie von Zungen
manch süßes Liedchen hervor.
Wie unbekümmert und zufrieden
singst du dein Liedlein in den Wind
an jedem Tag, der dir beschieden,
stets bleibst du Gottes liebes Kind.
Mit all den Vöglein in der Runde
singst du dein Liedlein in den Wind
ob bös dich drängt auch manche Stunde,
stets bleibst du Gottes liebes Kind.
Ja, ausgeliefert Angst und Sorgen
singst du dein Liedlein in den Wind
und bleibst am Abend, bleibst am Morgen
stets Gottes einzig liebes Kind.
Friede sei den Frommen und Gerechten,
die verschont von tödlichen Gefechten
schon im Leben schönen Lohn gewonnen
voller Lust und Paradieses Wonnen.
Andre aber müssen warten
mit dem Gottessohn im Ölberg-Garten,
müssen treten dann durchs Tor der Toten
allerletzte Leiden auszuloten.
Noch ist sie mein, wenn auch für wenig Stunden
sie nur am Tage noch die Lider hebt,
und wird sie nimmer mir auch mehr gesunden,
sag unentwegt ich doch: die Liebste lebt!
Jedweden Widerspruch will ich ersticken,
und flüstere Mut mir zu, brüllt auch das Blut,
und sehne mich nach Linderung und Erquicken,
bis tief im Schlummer neben mir sie ruht.
Des Tags zum Fenster schaute sie hinaus
und sah die Tiere auf der Wiese weiden,
und zählte sie, ließ auch nicht eines aus,
missachtend ihre unzählbaren Leiden.
Nur abends bei des Herbstwinds letztem Wehen
saß sie beim Fenster, ob sie was vernähme
von ihrem Mann, sie war bereit zu gehen,
wenn er zu holen sie vorbei jetzt käme.
Herr, der du nimmst und der du gibst
und der du das Zerschundene liebst,
vergiss nur auch beim Nehmen nicht
die Gabe für das Gleichgewicht.
Müssen denn die Toren loben,
was sie niemals doch verstehn?
Hat die Muse dich erhoben,
Lob von Hunden zu erflehn?
Wenn er in Massen kommt, ist er nicht wert,
dass man ein Beispiel nimmt, im Geist ihn ehrt.
Doch wenn auf Folterbänken der Geduld
hinsterbend er bezahlt des Lebens Schuld,
kehrt er, wenn auch vereinsamt und allein,
als Fackelträger in den Himmel ein.
Dem Schöpfer aller guten Gaben
müsst ihr mein Schiefohr wohl verzeihn,
doch wollt ihr einen großen Bruder haben,
müsst selber ihr der große Bruder sein.
Wir müssen uns nicht fragen, was wir machen,
ich und mein Weibchen, wenn der Tag anbricht.
Liegt sie auch todkrank, kann sie doch noch lachen,
als wollt sie sagen: "Du, betrüb dich nicht!"
Und ich, ermuntert so an ihrer Seite,
nicht minder stolz als einst, als ich sie sah,
um ihre Hand anhielt und um sie freite,
spüre das Glück der Liebe nochmals nah.
Da stehst du noch von Nachtgewölk umdüstert,
tief im Gebirg, unscheinbar von Gestalt,
kein Vöglein, das dir einen Gruß zuflüstert,
kein Echo, das Aufmunterung zuschallt.
Doch immer fester wird ein Drängen, Schieben,
ein Heller-werden hoch am Firmament,
als ob Gewalten unaufhaltsam trieben
die Sonne in ihr uralt Element.
Ein Weilchen noch, dann sind sie damit fertig,
siehst du hinauf dann, siehst du wieder nahn
die alten Götter heiter gegenwärtig
hoch von den schneebedeckten Gipfeln von Tschang-an.
Ein feines leises Lächeln im Gesicht,
woraus Verstehen viel und Güte spricht.
Und in des Lächelns Schatten die Erfahrung,
dass Gutes braucht Bewährung und Bewahrung.
Dem Zeitlauf dann darfst du dich überlassen,
du musst nicht alles haargenau erfassen.
Das Beste, was uns Freundschaft bieten kann,
ist der Begegnung Augenblick von Mann zu Mann
wie einst bei Li Tai-pe und Meng Hau-jan,
und wie Guan und Bau viel früher schon getan.
Man schüttelt sich die Hand, schaut rasch sich ins Gesicht;
und weiter geht der Weg, man fragt drum nicht,
bis Abendschatten sanft das Aug umhüllen.
Wer auch vermag die Tage ganz zu füllen?
Frühlingstage, o wie lange harrten
wir nicht aus in kalter Winterzeit,
bis sich endlich wiederum im Garten
regte Lebens Lust und Heiterkeit!
Hör ich nicht von fern schon Kinderstimmen,
lacht nicht schon ein heiterer Mädchenchor?
Träumend sitze ich am offenen Fenster,
alles kommt so fremd-vertraut mir vor.
Als würd alles wieder ich so sehen,
wie ich´s einst von Mutters Schoß aus sah,
als im ersten Schöpfungsauferstehen
mir vertraut und fremd die Welt kam nah.
Ein Vogelmännchen hoch vom Baum
schmetterte seine Weise,
ein Weibchen hatt´ gehört es kaum,
flog schnell herbei ganz leise.
Und schaute sich den Sänger an
und fand ihn imponierend,
da wurden rasch sie Frau und Mann,
zur Liebe sich verführend.
Und als das Werk ward abgetan,
das Jahr ging schon zu Ende,
träumten sie sich nach Afrika
in wärmeres Gelände.
Wenn nachts die Eulen schrein,
im Wald die Vöglein klagen
und über Klippgestein
die Quellen Wasser tragen:
Steh du nicht da allein!
Wer soll ein Wort dir sagen?
Es kann nicht anders sein,
du musst dir´s selbst erjagen.
Hab nicht auch ich mit Mutter viel gesungen,
den Weg zum Himmel suchend noch als Kind?
Nun aber, da kaum mehr geblieben sind
als widersprechende Erinnerungen:
Was hab ich noch? Was wär noch gut zu haben,
auf dass kein Zweifel mehr mich drängt und drückt?
Manchmal läg ich am liebsten schon begraben,
um zu vergessen, was mich einst beglückt.
Und endlich fern sein, fern aller Begierde,
mit Rosen überschüttet das Gesicht,
weil nichts mehr reizend in die Irre führte!
Ja, wer das könnte, ich, ich kann es nicht.
Wenn Herz und Schläfen widerhämmern
und strudelnd quirlt uralten Lebens Blut,
lausch ich dem Lockruf der Sirenenweibchen,
und mich reißt fort des Urstroms dunkle Flut.
Mädchen, hol den Brautschmuck aus dem Kästchen
und den Schleier und das weiße Kleid;
draußen vor der Türe auf dem Bänkchen
warten schon die Gäste, es wird Zeit.
Glocken läuten von des Frühlings Türmen,
Lilien in der Hand der Kinder Schar,
westwärts aus den Pappelnwipfeln stürmen
Krähen krächzend fort vom letzten Jahr.
Komm nur! Keinen Kummer mehr wirds geben,
keines Zweifels herben Augenblick!
Hoch erhoben stehen Tor und Türen
zu der Hochzeit langersehntem Glück.
Könnten wir wandeln durchs Frühlingstal
und uns erfreun an der Blüten Zahl,
die schönsten Kleidchen zög ich dir an,
und ging neben dir als ein stolzer Mann.
Nun aber ist´s mit dem Wandeln aus,
im Krankenbett nur noch sind wir zu Haus,
nur die Frühlingsluft in die Kammer sich drängt,
die die Brust bald weitet, bald wieder beengt.
Unmündig Kind musst du nicht immer sein.
Dass einmal Mann und Kinder wären dein,
scheint´s auch ein Märchen dir, schön ausgedichtet,
wart ab, bald hat das Leben dich verpflichtet.
Dann lebst du auf, als wär´s für ewige Zeit,
ein Tag bringt Kummer, einer Seligkeit,
bis eines Tags das Alter dich gefunden
und hinter dir schaust du des Lebens Stunden.
Die Leute bleiben stehn und staunen,
und preisen all der Blüten Pracht,
mit der die Azalee heut früh am Morgen
sich aufgetan, jetzt nach der Maiennacht.
Sie wissen nicht, dass wir als kleines Pflänzchen
sie pflanzten ein, eh Mutter nicht mehr war;
sie sah es noch von ihrem Sterbebette,
und das sind nun schon über 20 Jahr.
Wer lässt uns nur durchs Leben träumen,
um uns dann aus dem Feld zu räumen
wie umgeworfene Figuren,
wenn abgelaufen unsere Uhren.
Vergebens sind so trübe Fragen;
der Mund verstummt, weiß nichts zu sagen.
Komm, Liebchen! Reich den Mund zum Küssen,
dass keine Antwort wir vermissen!
Die Stunden ziehn vorbei, bald sind´s die letzten,
die uns mit frischem Lebenshauch ergetzten.
Das letzte Scheit im Herd glimmt aus, verraucht.
Ich sinne nach, was man zum Leben braucht.
Wozu war uns der Augenblick gegeben,
als uns die Sprache, der Gesang entstand?
Wir waren fröhlich, glaubten an das Leben
und an das große Glück voller Bestand.
Nun aber, da das Ende naht des Lebens,
wird schwer das Wort, verkümmert und erschlafft,
und was wir dachten, nährt nicht mehr, vergebens
verklingt manch Lied, ob es uns Rettung schafft.
Und Abend wird und Morgen wird es wieder,
und wie gewohnt nehm ich den Stift und schreib,
was in der Seele laut geworden nieder,
und neben mir, schwer atmend, liegt mein Weib.
Und um uns her ahn ich den Kreis der Lieben -
wie sehn ich mich nach einer neuen Zeit!
Ich seh mich um und frag, wo sie geblieben,
und seh um mich nur eine Welt voll Leid.
Gepeitscht, gepeinigt, unheilüberschüttet
lawinengleich, von Atemnot zerrüttet,
so kann ein Mensch unmöglich sich erfassen,
und zu sich kommen, heiter und gelassen.
Und doch hast du zu klagen stets gemieden,
hast dir erkämpft des Herzens stillen Frieden,
von Leiden eingeschnürt dein Leben,
die, Liebste, dir stets neu hinzugegeben.
Der Strom umarmt die Stadt. In engem Bogen
fließt in Verwunschenheit das alte Jahr.
Wie kam die Schwalbe unters Dach geflogen?
Und was bewegt zum Flug der Möwen Schar?
Die Freunde spielen weiter ohne Wanken,
vom Neuen wie verzaubert und verzückt.
Ich seh mich um nach haltbaren Gedanken,
im Geist bestrebt, ob mir Vergessen glückt.
Ist ein böser Tag vorüber
und verstummt Gesang und Lied,
O, vergiss es doch, mein Lieber,
dass der Freunde Schar entflieht!
Sei willkommen dir der Segen,
den der späte Abend beut!
Geh, zum Weibchen dich zu legen,
das von dir sich niemals zweit!
Bring die sieben Zauberdecken,
die so oft euch schon bedeckt,
euch darunter zu verstecken,
bis ein neuer Tag euch weckt!
Zwei Jahre, Freunde, sind es, nicht viel mehr,
da kam das letzte Mal ich zu euch her;
seitdem nun spielt ihr munter mit dem Neuen,
mögt ihr mit ihm des Lebens euch erfreuen!
Die Jahre, die fortan mir noch verfließen,
ins Meer der Stille lautlos sich ergießen.
Manchmal nur tönt ein Kuckuck aus der Ferne.
Es war einmal. Ich hatt´ euch alle gerne.
Komm schon mit, komm schon mit,
orakelt der Laden auf Schritt und Tritt,
derweil ich die Kurbel bediene, den Tag lasse ein
und nachsinn, was mit dem Spruch gemeint mag sein.
Verfehlten Hoffnungen sinn nur nicht nach, dass dir gelingt
der Tag, der Festigkeit und Ruhe bringt!
Das Gute nur such auf, lass dich nur nie im Stich,
dann bist zuhaus du, wo du bist, ganz sicherlich!
Ist ein böser Tag vorüber,
und verstummt ein jedes Lied,
o vergiss es doch, mein Lieber,
wenn der Freunde Schar entflieht.
Sei willkommen dir der Segen,
den der späte Abend beut,
komm, zum Weibchen dich zu legen,
wo von dir dich nichts mehr zweit.
Bring die sieben Zauberdecken,
die so oft schon uns bedeckt,
uns darunter zu verstecken,
bis ein neuer Tag uns weckt.
Was mir auch einmal geschieht,
nichts soll mir dräuen,
singt ihr mein Leichenlied,
muss es nicht scheuen.
Bin dann von allem befreit,
lasst euch nicht stören,
ist es nur einmal so weit,
fast möchte ich´s schwören.
Ihr, die des Himmels Feste voll Bestand
und Götter saht, die schauten auf euch hin,
jetzt gilt nur noch der Masse Maß und Tand
und Raum und Änderung im Zeitentfliehn.
Das Hohe, Reine, das euch einst entzückt,
glänzt nicht mehr in des Himmels hellem Schein,
das Unvergängliche, dem Auge ist´s entrückt
und ausgeraubt der Tempel goldener Schrein.
Der Weise wüsste mit Behagen
viel schöne Dinge auszusagen,
würden ihm nur nicht Freunde fehlen,
sie ihnen mit Behagen zu erzählen.
Da standen sie und warteten gespannt,
bis dass er käme, der da angekündigt,
dem Weltenherrn, dem Richter zugewandt,
weil sie den Tag verschlafen und gesündigt.
Den Kopf erhoben zu des Himmels Licht,
die Augen angsterfüllt, verrückt, verdreht,
als bliesen schon Trompeten zum Gericht
vor Gottes Thron voll Macht und Majestät.
Auf Wunderbares fraglos ausgerichtet,
hat sich manch ein Ereignis schon verdichtet
zu Schreckensglanz und ungeahntem Leben,
davon uns manches Kunde noch kann geben.
Fast nie ist eine Tat, wie gut vollbracht,
zuvor zugleich hinreichend gut bedacht.
Von all den vielen Taten, die dran Anschluss finden,
kannst ein paar wenige du nur ergründen.
Drum, eingekleidet in der Zeiten Kleid,
wohin du schaust, jedweder Weg ist weit.
Lasst nur in Ruh den Winterschnee
da draußen auf dem Feld,
wenn er die Frucht vom nächsten Jahr
umfangen hält.
Lasst nur in Ruh den jungen Baum
da draußen auf dem Feld,
bis er der Stütze mag vertrauen,
die ihm gestellt.
Lasst nur in Ruh den jungen Mann
da draußen auf dem Feld,
dass er sich recht entfalten kann,
wies euch gefällt.
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Wie schön ist alles, was da grünt und blüht
am Frühlingstag, kaum dass sich´s eigens müht.
Vergeblich wär´s, ich weiß, niemals erreich ich´s;
der Liebsten, meiner Liebsten, nur vergleich ich´s.
Wenn Menschen sich aus innerem Wert erkennen,
so können sie sich freudig Freunde nennen,
das Leben ist den Menschen so bekannter,
sie finden es im Geist interessanter.
Doch fehlt der Achtung Geist, das Anerkennen,
dann wird vom Bruder sich der Bruder trennen,
und die der Vater stolz einst um sich einte,
erscheinen unerbittlich dann als Feinde.
Wer nichts von meinem Liebchen weiß,
wie kann mir der gefallen,
dem nicht des nachts zu ihrem Preis,
die Lippen Lieder lallen?
Schert euch zum Henker! Wenn ihr wollt,
zum Teufel meinetwegen
oder in einen Hundestall,
wenn euch von dort winkt Segen!
Doch kommt nicht in mein Haus hinein,
gar noch zum Debattieren!
Wer selbstgerecht und fromm will sein,
dräng sich durch Kirchentüren!
Und wieder kommt er lächelnd wie vor Zeiten
mit all den Vöglein, die er fortgeführt,
die Gärten sich mit frischem Grün bekleiden,
die er mit goldenen Blüten überziert.
Ja Blüten überall und nichts als Freude
und Übermut und Kinderstimmen Schall.
Die Fröhlichkeit verscheucht des Kummers Meute
in weite Ferne aus der Kindheit Tal.
Die Maiensonne, früh im Nebelwogen,
in Pfaden Lichts sich wiederum verliert,
bis siegreich sie vom blauen Himmelsbogen
des Frühlings grünes Saatgefilde ziert.
Doch dieses auch gehört zur Maienwonne,
wenn Ungewitter schwer und kühl verwehn,
ein Weilchen dann noch in der Abendsonne
im Garten draußen vor dem Haus zu stehn.
Ist heut nicht der Tag von Mariä Geburt
Und fliegen heut nicht die Schwalben fort?
Bleib bei mir, Liebste, bleib bei mir!
Milchweiß im Tau steckt noch das Gras,
weh allem, was die Zeit vergaß,
Bleib bei mir, Liebste, bleib bei mir!
Ein Äpfelchen am Baum glänzt rot,
Was Atem schöpft, ist noch nicht tot.
Bleib bei mir, Liebste, bleib bei mir!
Ich wollt, ich könnt in den Himmel schrein:
Lass Liebste mich nicht hier allein!
Bleib bei mir, Liebste, bleib bei mir!
Die du mir Vater und Mutter bist,
und Bruder und Schwester und Jesus Christ,
Bleib bei mir, Liebste, bleib bei mir!
Ihr Rosen, nimmer müd, fast ohne Mühen
lasst uns ein Weilchen noch zusammen blühen,
bis auch die letzte Blüte noch am Strauch
aufblüht und blüht, verwelkt sie auch.
Was ist es, das nach uns noch schaut,
als wär das Haus noch nicht gebaut
und wir voll Säumen stehn geblieben?
Als wär der Plan, den wir gemacht,
noch immer nicht recht ausgedacht
und hätten schlecht die Zeit vertrieben.
Und ich, ich wär der Letzte hier auf Erden,
und über mir ein Geist beföhle: Schreib!
Ja, da begänn´ ich wohl und schrieb: Wozu das Werden,
wozu der wundgeplagte, müde Leib?
Wozu das Hoffen, das uns einst erfüllte
im unaufhaltsam kühnen Morgenrot?
Die Liebste, die mir alle Zweifel stillte,
sie ist ja lange schon, schon lange tot.
(Manchmal, wenn Mütterchen mir zulächelt, staun ich, dass sie mich noch kennt, wo ich mich selber kaum mehr erkenne)
Und wenn ich einmal nicht mehr bin
mir Sorg und Mühsal aus dem Sinn,
wenn längst ich mich erkenn nicht mehr
tief drunten in des Todes Meer:
So wirst du gleichwohl mich entdecken,
wirst abwärts steigend mich erwecken
mit deiner Augen liebem Paar:
Zu dir herauf, ins Neue Jahr!
Quare me repulisti et quare tristis incedo dum affligit me inimicus
Was eilen wir so schnell dahin die Wege,
die zu durchwandern uns beschieden sind?
Vereist sind doch die winterlichen Stege
Und weit entfernt des Frühlings leichter Wind.
Zum Sterben hat´s noch Zeit. Komm lass dich küssen.
Von früher her fällt mir ein Liedchen ein,
als wir das Fern-sein noch ertragen müssen:
Ich bin bei dir. Du musst nicht traurig sein.
Geh nicht ins Haus des Todes voraus,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen,
ein wenig nur noch halte aus,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen.
Dann gehn wir zusammen, dann gehn wir zu zwein,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen,
Kein Schmerz mehr wütet dann im Gebein,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen.
Ins Wirtshaus drunten kehren wir ein,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen,
und mit uns zieht die Lebenslust ein,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen.
Und sind wir des süßen Weines voll,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen,
dann fragen wir nicht mehr, was werden soll,
mein Schätzchen, du mein Schätzchen.
Dann bekränz dein bleich gewordenes Haar
ich dir mit Asphodelosblüten
und halte dich fest und wir ziehen, ein Paar,
durch alle Äonen in Frieden.
Und schaute ich auch in die Weite
von Soghd hinaus vor Samarkand,
sie böte mir nicht größere Freude
mit all dem Paradiesesland,
als hier die Fläche vor den Bergen,
der Wiesen Grün, der Bäche Lauf,
jetzt wo der Winter überwunden
und tausend Blumen tun sich auf.
Und Liebchen wieder mir zur Seite,
Herzliebchen aus des Winters Nacht
entrissen, grimmen Todes Beute,
dass mir der Mund vor Freude lacht.
(ut audiam vocem laudis et enarrem universa mirabilia tua)
Ich hör dich noch, mühsam im Atemwehen,
du, die mir offenbart, was Liebe heißt,
und Glauben, drauf die Liebe fest kann stehen,
die Lebenssinn und Lebensglück verheißt.
Die Lieder, einst zu deinem Preis gesungen,
ich hör sie noch, umwandelnd still dein Bett,
und lausch, von ewigem Leben tief bezwungen,
als ob mit mir Gott es umwandelt hätt.
Ins Krankenbüchlein trag ich sorgsam ein
das Wetter und was sonst zu uns gefunden
und träum von einem Briefchen, das mich einst
dich finden ließ, einst in des Abends Stunden.