1. Wie wird mir doch das wunde Herz zerrissen
2. Ihr, die ihr schwelgt in süßer Liebe Leben
3. Sollt es für uns noch eine Heimat geben
4. Euch, denen einst das Liebste war gegeben
7. In hoher Kunst geübt könnt ich wohl schreiben
8. Nie gab die Hoffnung auf ich
9. Wie wunderbar dein Leib und deine Seele
10. Auch wir ja spielten, Liebste
11. Wenn nächtens ich auf meinem Lager liege
13. Die Krankheit, Liebste, die zu Tod dich schlug
14. Wenn alle Meere dir durchs Auge träten
16. Nun stürmet Winde, Regen rauscht hernieder
17. Da les ich nun in unsren einstigen Briefen
18. Sie werden sagen, wenn sie hingekommen
19. Wie wahr hat Aischylos doch einst gedichtet
20. Bei mir ist alles Ja jetzt oder Nein
21. Wie sehr verlangte mich zu deinem Preise
23. Unfähig ganz im Festen zu verweilen
24. Da bist du, Kind, im Bilde nun bei mir
25. Wie sucht ich deinen Namen einzudrücken
26. Denk nach ich, Liebste, was ich einst getrieben
27. O Liebste du, Mai-Sonne meiner Welt
29. Erbärmlich ist ein herrschaftliches Leben
30. Seit, Liebste, du nur ferngerückt noch nah
31. Sprecht mir von meinem Liebchen
32. Wie oft hast du nicht vor des Schlafens Stunden
33. Gäb mir ein Gott zu sagen, was ich leide
34. Liebste, Du meine Sonne, ich dein Mond!
35. Der ich am Herzen, Liebste, dir geruht
36. Was alles schon erforscht und schon ersonnen
37. Wo Wahrheit ist, ist auch der Seele Streben
38. Damals, als du von Mann und Frau berichtet
39. Als ich noch halten durft in meinen Händen
40. Wenn nicht ist, was bemühn wir uns?
41. Wenn Mann und Frau eins sind und ganz beisammen
42. Ja, wenn des Herzens Hoffen alles wäre
43. Du sagst, du weißt, dass Liebchen nicht mehr ist
45. Vater und Mutter hatten ja nur Recht
46. Und komm ich einst zu dir, Herr, in den Himmel
47. Sagt man, dass Liebchen alles überstanden
48. Im Anfang unserer Liebe war er da
49. Wenn einst, was still in Andacht ich verrichtet
50. O Liebste, du, voll Anmut im Gebirge
51. Wenn morgens meine Seele ich ergründe
52. Im nächsten Jahr, was kann mir da noch blühen
53. Ich hab gesungen und ich hab verloren
54. Das Weltall, wurde jemals es ersonnen
55. Den Atem hören, dicht beisammen liegen
56. Die Schönheit, Liebste, die in dir ich fand
57. Ich wusste nie, wie schön mein Name klingt
58. Wie Peleus einst, vom Lebenskampf gebrochen
59. O Land des Nebels und der dunklen Zeiten
60. Des Menschen Forschen, der Natur Erfahrung
61. Vom Nie-Gewesenen zum Nie-mehr-Sein
62. Nie will ich an ein "Nie-mehr" mich gewöhnen
63. Wie einst die Heiligen von Gott geliebt
64. Ein Kind, wie sollt es wissen, dass es ist?
65. Wie viel gelitten hab ich Gott um dich
67. Wie anders haben wir es da gehalten
69. Hab ich dich, Liebste, nicht dabei
70. Die Zeit hat mich bereits beiseit geschafft
71. Versuch noch einmal ich mich auf den Saiten
72. Wie lange, Liebste, bist du nun schon ferne
73. Wohin du gingst, dahin will ich auch gehen
74. Im Stillen sitz ich da und les allein
75. Wie lieb ich doch die Sonnenuntergänge!
76. O Liebster, du, was hast du nur gelitten
77. Du fragtest, Liebste, niemals, wer ich bin
78. Nächst Gott, der mich im Mutterleib erschaffen
79. Mag einst das Leben enden, wie es will
80. Wie hat die Welt so plötzlich sich verwandelt
81. Eh Gott den Himmel und die Erd´ erschuf
82. Verloren ist, wer zu erforschen sucht
83. O Gott, auf deinem hohen Himmelsthron
84. Ich ließ dich ziehn hinaus ins Ungewisse
85. Wie such ich, Liebste, dich doch überall
86. Wie viel geweint, hab Liebste, ich um dich
87. Als ich sie hörte, da sie nach mir riefen
88. Als müsst´ ich Wache halten noch für dich
89. In deiner Liebe, Liebste, wuchs ich auf
90. Du bist die Muse, die mich einst berief
91. Geheimnisvolles, wundersames Küssen!
93. Denk ich zurück, was uns das Leben brachte
94. O der Entkleidung aller deiner Kleider
96. Lass dich umschmeicheln, Gott
97. Schreib ich denn nur noch leere Blätter
98. Komm, Liebste, komm und sag mir, wo du weidest
100. Wie hab ich doch gekämpft und hab verloren!
101. Was fang ich nur mit all den Stunden an
102. Komm, spiel uns auf zum Lobpreis deiner Liebsten!
103. Die Zeit zergrübelnd bin ich nur noch hier
104. Soll ich nach draußen, in die Welt hinaus
105. Was hat das Leben nur aus mir gemacht
106. O Menschenlos, dem keiner je entronnen
108. Im Herzen, wo die Hoffnung Wünsche hegt
109. Liebster sag nicht, Liebchen ist nicht mehr hier
110. Wenn zwei einmal im Grab beisammen sind
111. Wie ist doch die Natur so gnadenlos
112. Bin nicht Admet ich, dem die Liebste starb
113. Durch Waldes Schatten wie in frühen Tagen
115. Sag mir nur immer wieder, dass ich´s glaube
116. Hoffend auf Gottes Frieden steh ich auf
117. Nicht mehr empfängt das abendliche Tor
118. Hätt, Liebste, ich doch weniger geliebt
119. Wie in die Wüste schaffte Trank und Speise
120. Zur Stunde früh, wenn Eos sich erhebt
121. Was zauderst du, ans Leben noch zu glauben
122. An jenem Tag, als Gott das Korn erfand
123. Wenn du im Himmelskarmel dich befindest
124. Würdest du auch im Chor der Heiligen singen
125. Gewiss, mein Liebchen wirst zuerst du wecken
126. Ich wollte bleiben und ich ging doch fort
127. Steigt auf, ihr Träume, singt und spielt mir auf
128. Einst wecktest du mich auf, mich zu erheben
129. Einst wecktest du mich auf, mich zu erheben
130. Komm Liebste, komme sieh her, was ich noch bin
132. Vor deinem Bild noch einmal lass mich weinen
133. Die ihr die Liebste einstens mir gezeigt
134. Vom Staub des Leidenswegs streut mir aufs Haupt
135. Komm, mein König, zu deinem Gelage
Alle in den Büchern Sonette der Liebe I bis III versammelten Sonette haben etwas mit meiner Liebsten zu tun. Die Sonette in Buch I sind um 1976 herum entstanden, wir waren damals 32 Jahre alt, als die schreckliche Diagnose einer todbringenden Krankheit aktenkundig wurde und als wir die ersten bösen Erfahrungen zu machen hatten; die hier vorliegenden, als Ende August 2012 dieses Leiden sein noch schrecklicheres Ende fand. Diese Sonette sind ab September 2012 bis Juli 2013 entstanden, mir eine Gegenwart suchend, wo es schon keine Gegenwart für mich mehr gab. Die Sonette in Buch III von 2020 sind schließlich damit befasst, Bilanz zu ziehen. Alle Sonette aber gehören in den Umkreis des Romans einer großen Liebe. Und wenn es nicht zu unbescheiden ist, so füge ich hinzu, dass sie auch als eine Fortsetzung des Hohen Liedes gelesen werden können. Ebenso gut aber lässt sich auch sagen, dass ich sehr dankbar bin, geliebt zu haben und geliebt worden zu sein.
Wie wird mir doch das wunde Herz zerrissen,
geh ich die Wege, die wir einst gegangen,
als mit der Liebe unerfülltem Bangen
Hoffnung zugleich erfüllte das Gewissen.
Ja zwischen hoffnungsvollen Herzens Beben
erschau ich wieder, was wir einst begonnen,
als Liebste du geschöpft aus reichem Bronnen
lebendigen Lebens Trank du mir gegeben.
Und bin jetzt kraftlos, krank, bin ohne Wissen,
vermag den rechten Weg nimmer zu sehen,
und will mit dir, Liebste, doch weitergehen,
von Liebe trunken trotzend Hindernissen!
Dass nicht zerrinnen die Erinnerungen,
gib Liebste du mir Zeichen, gib mir Zungen!
Ihr, die ihr schwelgt in süßer Liebe Leben,
auch mir war einst solch Leben zugefallen,
dem Glücklichsten der Erdensöhne allen,
nichts, was das Glück mir nicht hätt zugegeben.
Doch nun, da alles mir hinweggenommen,
was nie das Herz, was nie der Mund soll nennen,
nun kann auch ich mich selbst kaum mehr erkennen,
noch was an Gutem auf mich zu mag kommen.
Es sei denn dort, dort drunten wär´s zu finden,
wo ich dich finde, Liebste, dich zu lieben.
Fast wie von Jünglings Eifersucht getrieben
drängt michs, das Reich der Schatten zu ergründen.
Und mag ein Dämon mit dem Schwert mir wehren,
nichts soll mich hindern, dir nur zu gehören.
Sollt´ es für uns noch eine Heimat geben,
in der wir wieder uns zusammenfänden,
wie wollt ich alle meine Kraft dran wenden,
wie in der Rückkehr nur zu dir ich leben!
Doch wär gesetzt, dass nichts mehr uns kann heilen,
nichts in Äonen aus dem Tod kann retten,
dann Liebste lass an dich mich ewig ketten,
Süß wär das Nichts dann auch mit dir zu teilen.
Nicht viele sind, die großer Lieb gehuldigt,
Und wohl auch ich wär nimmermehr zu preisen,
hättst Liebste du mich nicht mit dir getragen.
In dir nur, Liebste, bin ich ja entschuldigt!
Und dass noch immer Liebster ich darf heißen,
lass deinem leidzerschundenen Herzen klagen.
Euch, denen einst das Liebste war gegeben,
was je man nur vom Leben kann verlangen,
die ihr als Liebesunterpfand empfangen
ein eigenes Kind zu einem eigenen Leben:
Ein wunderbares Spiegelbild der Liebe
Wuchs auf bei euch, anvertraut eurer Hut,
das euer Leben machte reich und gut;
doch dann kam ich, zur Nachtzeit, wie die Diebe,
und sah die Liebste, mich ihr zu verbinden,
von diesem Kleinod bis ins Mark getroffen,
ich, nur ein Nichts, ob ich gleich durfte hoffen,
lasst nun in eure Gräber euch verkünden:
Ihr habt des Lebens Liebstes einst bekommen,
doch mir ward jetzt dies Liebste weggenommen.
Ich sag zu euch: "Ihr seid mir darum wert,
weil ihr Geschwister meiner holden Braut!"
Und ihr: "Wert bist du uns, weil dich erschaut
die Schwester und als Bräutigam begehrt!"
Dies dünkt gerecht und gleich, als stift es Frieden,
ein Urteil, damit alle können leben,
den heißersehnten Frieden uns zu geben.
Und doch, wie ungleich hat der Tod geschieden!
Ihr zieht dahin wie bisher eure Straßen,
freut euch und seid vergnügt mit euren Frauen,
ich aber wein um meiner Liebsten Brauen,
beraubt des Lebens über alle Maßen
Im Falle meines unsagbaren Falles
habt ihr verloren nichts, ich aber alles.
Weh, welch ein Bild will Liebste mich betrügen,
entsetzt, entstellt, entblößt in Todesqualen,
versucht es sich den Augen einzumalen
in gottverlassenen, verzerrten Zügen.
Nie konnten meine Augen so mir lügen
wie dieses Foto, achtlos aufgenommen,
als auf dich zu den Würger du sahst kommen,
dem jeder von uns einmal muss erliegen.
Wie ein Objekt, zum Sterben eingefunden,
ohn´ alle Liebe, nüchtern, kalt, vermessen,
schnell abgehorcht und ausgezählt, vergessen
um Mitternacht, in böser Klinik Stunden.
O Liebste du, du Liebste du aller Frauen!
Verflucht das Auge, das so kalt kann schauen!
In hoher Kunst geübt könnt ich wohl schreiben
über die Liebe, doch es würd nichts nützen;
die meine Seele mir besetzt, besitzen
das Liebste auch; ich kann sie nicht vertreiben.
Wen hab ich denn geliebt, um wen geworben,
um wessen Hand, dass sie mir ward gegeben,
um neuerschaffen nur der Lieb zu leben,
und nun wär alles ausgelöscht, erstorben?
Wie viele Jahre waren wir beisammen?
Wie wenige muss ich wohl besser fragen,
wo ich der Liebe Auszug muss beklagen,
den ich noch seh im letzten Liebesflammen.
Komm Liebste, komm, mir Liebe zuzuflüstern!
Erebos Schatten mir die Lieb verdüstern!
Nie gab die Hoffnung auf ich, zu erleben
den nächsten Tag noch, still an deiner Seite,
ob auch zu Ängsten Anlass stets gegeben
der Krankheit unberechenbare, grimme Meute.
Hab der Verzweiflung nie mich überlassen,
hab früh am Morgen fleißig schon gesungen,
die Wiederkehr des Tages zu erfassen,
vom ewigen Leben unbeirrt durchdrungen.
Nun aber steh ich da, kann nicht begreifen,
wenn sich ein neuer Tag im Osten zeigt
und wenn die Sonne hoch zum Himmel steigt,
wem wohl der Tag noch mag entgegenreifen.
Nichts Hoffnungweckendes entströmt dem Herzen.
Und was einst freute, kann jetzt nur noch schmerzen.
Wie wunderbar dein Leib und deine Seele,
dein sichtbares und unsichtbares Kleid,
Wie wunderbar in dir sich wollt vermählen
das Herz der Zeitlichkeit mit Gottes Zärtlichkeit.
Wo nehm´ ich her das Kleid, dich anzuziehn,
woher die Schuhe, artig zum Entzücken,
und deinen Schmuck woher, dich schön zu schmücken
zum Fest der Schöpfung, meine Tänzerin?
Gewiss, ein Mann ist vieler Frauen Dieb.
Der Schönheit zu Gefallen, die er sieht,
singt, kann er singen, wohl so manche Lieder.
In dir, du Zauberin, hatt´ ich sie alle lieb.
Doch du allein bleibst schön, was auch geschieht,
an deiner Seele, Liebste, kenne ich dich wieder.
Auch wir ja spielten, Liebste, viel Verstecken,
was wär das Leben auch ohne ein Spiel?
Wie suchten wir ein Selbst uns zu entdecken
und was vom Baume der Erkenntnis fiel.
Nichts Peinsames konnt zwischen uns je walten.
Wie Kindlein liebten wir uns, Frau und Mann.
Wie Kindern war vergönnt, uns zu entfalten,
hielt manchmal pochend auch der Atem an.
Dann aber wie im Schauspiel mit den Jahren
sahn wir der Liebe tausendfältige Macht,
wie sie das menschliche Geschlecht erfahren,
eh es des Wegs gezogen in die Nacht.
Mocht ich auch tausend Liebchen in dir lieben,
nie konnt ein Meineid unsre Liebe trüben.
Wenn nächtens ich auf meinem Lager liege,
wo du mir fehlst, bedenkend, was mir fehlt,
und Liebste schon, weil du mir fehlst, mich quält,
dass nicht dem kleinsten Dienst ich mehr Genüge.
Kam ich vom Einkauf, eilend wie ein Dieb,
"Alles ist gut", rief ich, "bin wieder da!
Mein Schätzchen, du!" und eilte dir ganz nah
und küsste dich und hatte dich sehr lieb.
Doch nun! Was mach ich, will ich dich auch pflegen,
was meine Beine, die für dich gegangen,
was meine Arme, die dich fest umfangen,
und was mit meinem Mund, auf deinen Mund zu legen?
Wie schrecklich, dass ich nimmer kann beweisen,
dass ich dein lieber Schatz doch möchte heißen.
Im Halbschlaf morgens, eh ich mich erhebe,
geh ich den Tag noch durch still in Gedanken,
dass nichts mir bringt mein Tagewerk ins Wanken
und ich ein Laken dem Laertes webe.
Und wie ich´s dreh und wend und ich beginne,
und ich mir alles sorgsam anbequeme,
ist mir, als ob ein Atmen ich vernähme,
Liebste von dir, und horch und halte inne.
Und denk: Sie ist schon wach, sie kann dich hören,
und wartet nur, bis du ans Bett gebracht
ein Küsschen ihr, ihr guten Tag gesagt,
will nur in deinen Kreisen dich nicht stören!
Doch steh ich auf, seh nach, ist´s nur das Kissen,
auf dem dein Kopf gelegen, mich zu küssen.
Die Krankheit, Liebste, die zu Tod dich schlug,
ich lügte ja, tät ich was andres kund,
von Grund auf schon der Liebe Stempel trug,
gewichtigem Grund weicht stets ein nichtiger Grund.
So stieg ich, Liebste, auf von dir gehoben,
stieg, Liebste, ständig auf in deinem Licht,
bis ich mich sah in deinem Lichte droben,
geliebt von dir in deinem Angesicht.
Dass ich für immer Liebster dir darf sein,
nun ich von dir den schönsten Kranz bekommen,
leise beklag ich meiner Liebe Glück.
Dass ich dein Liebster wurde, du allein
hast es geduldig ja auf dich genommen,
hobst mich empor und kehrtest heim zurück.
"Wenn alle Meere dir durchs Auge träten,
Dann wär die Liebste wieder bei dir da!"
Spräch so ein Gott, augenblicks sagt´ ich "Ja!"
Und wollt in Dankgebeten zu ihm beten.
Geduldig packt ich´s an und ohne Säumen,
kein Sisyphus könnt sich geduldiger mühn,
kein Jüngling, wenn im ersten Lieberglühn
er von der Liebsten Hand beginnt zu träumen.
Ja, weinen wollt ich stets und auf dich warten,
ob auch Jahrtausende zögen dahin,
und mich bemühen auf dies Ziel nur hin,
als Quell lebendigen Wassers aus dem Garten.
Und müsst im Tränenstrom ich auch erblinden,
würd heil ich dich bei mir nur wiederfinden.
Unfassbar, ja unfassbar ist das Leben!
Noch unfassbarer aber ist der Tod!
Nichts, sagt man, kann dem Herrn des Tods man geben,
ihm zu entringen Liebstes aus der Not.
So kehr ich denn dem Totenreich den Rücken,
wend mich hinauf, wo mächtiges Leben ist,
ob mir ein Adlerflug hinauf mag glücken,
kurz ja ist nur die uns gegebene Frist.
Hört mich im Haus des Lebens, könnt ihr hören!
Hört mich dort droben, denn mich reißt´s unbändig,
ob ich auch keine Freudenbotschaft künde!
Verflucht sein will ich, wenn ich das verwinde,
macht nimmer ihr die Liebste mir lebendig,
muss auch mein Wort den Frieden euch verstören!
Nun stürmet Winde, Regen rauscht hernieder,
von allen Enden tost und braust herab!
In wilden Schauern dient dem Chaos wieder
Über der Erde aufgewühltem Grab!
Reißt nieder Mauern, Breschen bohrt den Dämmen,
höhlt aus die Berge, Raum gebt wilder Flut,
dass Sintflut mag die Erde überschwemmen
und aus der Erde schwemmen jedes Gut!
Reißt nieder, bis die Götter selbst entfliehn
zum höchsten Himmel irrend voller Schrecken,
ein kleines Häuflein, keiner weiß wohin.
Dann will den Morgen neu ich dir erwecken!
Dann Liebste komm und lass dich an mich ziehn!
Und mit der Küsse Sturm will ich dich decken!
Da les ich nun in unsren einstigen Briefen,
Trost suchend, wo nur Untrost gegenwärtig,
und les, ob nicht die Zeiten mir entschliefen,
die drum herum längst aufgehäuft und fertig.
Und hab ein Weilchen ich mich eingelesen,
in unsre Liebe neu wieder versenkt,
ist mir, als wär das gestern erst gewesen,
Und heute wär der Tag, der dich mir schenkt.
Als bät ich, Liebste, dich um unser Glück,
um deine Liebe, Liebste, bät ich da!
Was für ein Glück, Liebste, dass ich´s nur sage!
Und doch zugleich, was für ein Missgeschick,
Dass ich dein Glück verliere tritt mir nah,
und alle Gegenwart wird Glück und Klage!
Sie werden sagen, wenn sie hingekommen
zum Grab, das schmuck- und namenlos gestaltet,
dass meine Liebe schauderschnell erkaltet;
und schütteln werden sich die lieben Frommen.
Ich aber werde sagen: Weg die Sorgen!
Morgen schon spreng den Schutt ich in die Höh!
Ja, morgen ich die Liebste wiederseh!
Wahrlich das alles wird geschehen morgen!
Dann werden fort sie um ihr Leben rennen,
des Wahnsinns und der Lästerung mich zeihn,
mich weisen schnell in eine Anstalt ein.
Und Ärzte werden meinen Fall erkennen,
und werden mir bis fünf behilflich sein,
bis ich die Zahlen kann der Reih nach nennen.
Wie wahr hat Aischylos doch einst gedichtet,
dass Mitleid überall billig zu haben,
weil man vor Unglücks Bürde leicht sich flüchtet
mit schnell erteilten Floskeltrostes Gaben.
Leids Biss trifft nicht ins Herz dem Stolz der Tugend.
Des Mitleids Spendern angenehm gedeihen
des Lebens Mut und Lust und neue Jugend,
die Götter ihren Günstlingen verleihen.
Doch nur die Lieder, die dem Herz entstammen,
dem tiefzerbissenen, zutiefst zerstörten,
die fort und fort das wunde Herz verdammen,
gehören zu dem ewig Ungehörten.
Die Liebste nur, der ich sie zu gesungen,
versteht des Geists untröstlich schwere Zungen.
Bei mir ist alles Ja jetzt oder Nein.
Ein eng und streng ausschließendes Verhalten,
weil lieber fern den anderen ich möchte walten,
als meiner Liebsten ferngerückt zu sein.
Anders du Liebste! Ließest stets gewähren,
mocht einer auch sich geben, wie er wollte,
niemals dein Herz ob eines Mangels grollte,
den Menschen wusstest du im Mensch zu ehren.
Warst nur zu dir so unerbittlich strenge,
nein, strenge nicht, für dich war´s keine Enge,
du warst gewohnt ja, über dich zu sehen.
Kein Laut der Klage, ruhig und geduldig
gabst du dem Leben, was du ihm warst schuldig,
und gingst dahin, als wäre nichts geschehen.
"Ich such ein sehnend Herz, in dessen Wunde
Ich gieße meines Trennungs-Leides Kunde." (Dschalal ad-Din ar-Rumi)
Wie sehr verlangte mich zu deinem Preise,
des Herzens Siegel, Liebste, aufzubrechen,
um einmal noch auf wunderbare Weise
zum Preis der Liebe Liebstes auszusprechen!
Doch keiner war bereit, mich zu begleiten,
einstimmend sich auf festlichen Gesang,
so zog ich durch die Straßen, durch die Zeiten
nachdenklich still, doch nie im Herzen bang.
Jetzt aber lass mich mit dem Schöpfer singen
spät in der Nacht, wo noch die Wälder schlafen,
der Schöpfung ewig neues Morgenlied!
Lass mit der Liebe mich noch einmal ringen:
Gepriesen sei der Tag, wo wir uns trafen,
was immer auch geschah und was geschieht.
Ich sag zu dir: "Mein Liebling du, mein Kind,
mein Schätzchen du, du meine holde Braut!"
Denn all das bist du ja, seit du mir angetraut
und wir einander eins geworden sind.
Was auch noch kommen mag, was auch geschieht,
für immer, Liebste, bist du mir geblieben,
ob rastlos auch die Zeit vorüberflieht,
für immer, Liebste, fest mir eingeschrieben.
Sind ferngerückt auch über 40 Jahr,
der Wüstenwanderung Zeit, ein Leben gar,
mir fremd geworden heimatliche Pfade:
Ich bin erfüllt von dir, du bist mir nah.
Mein Leben deines ist´s, du weißt es ja,
Und meine Hoffnung deine Huld und Gnade.
Unfähig ganz im Festen zu verweilen,
schwank ich dahin wie in der Jugend Zeiten
und seh mich närrisch hier und dorthin eilen,
als wär noch Widerspruch zwischen uns beiden.
Als hätten noch Entscheidungen zu reifen
um Dinge, die noch dringend zu benennen,
und wir, wir könnten uns erst recht begreifen,
würden als treu erprobt wir uns erkennen.
Und haben doch den Lebensweg genommen
in unbeirrtem Glauben, uns vereinigt
zum Schöpfungsfest, es war ja nicht vergebens.
Und ist auch Leiden viel auf dich gekommen
und war ich fern auch, als dich Not gepeinigt,
Liebste verzeih, du Liebste meines Lebens.
Da bist du, Kind, im Bilde nun bei mir,
lieblich in deiner Lieblichkeit zu schauen,
und ich, ein alter Greis, ich schau zu dir
gebannt in deiner Jugend Frühlingsauen.
Die Kindheit hab ich nicht mit dir verbracht,
Und auch des Alters Teil blieb uns verwehrt,
Unruhig wechseln nur noch Tag und Nacht,
da Liebste, dein Verlust im Herz mir zehrt.
Da bin ich, Kind, nun und du schaust zu mir
fein lächelnd, mich ermunternd, wie ich meine;
und ich, ein alter Greis, ich schau zu dir,
Und schau dich an untröstlich nur und weine.
Kindheit und Alter mag ein Gott uns segnen,
wenn lächelnd, weinend so wir uns begegnen.
Wie sucht ich deinen Namen einzudrücken,
mir einzuprägen, fest ihn zu behalten;
du ließst es zu, wie man ein Kind lässt pflücken
viel schöne Blumen, Kränzchen zu gestalten.
Und nanntest auch die vielen süßen Namen,
mit denen dich die Eltern einst geschmückt;
doch ob sie alle auch zu Ohr mir kamen,
blieb noch ein allerletzter mir entrückt.
Erst als die Zeit der Prüfungen verflossen,
bereit zu kommen, wenn in Not ich riefe,
hast deinen vollen Namen mir erschlossen,
"Dein Juttchen" siegelnd fortan deine Briefe.
Ich aber wusste, nichts mehr würde stören
im Herzen mir, nun ganz dir zu gehören.
Denk nach ich, Liebste, was ich einst getrieben
in Tagen früh, kaum dass ich dich gefunden,
als stürmisch ich beweisen wollt mein Lieben
und ich mit Not und Drangsal dich umwunden,
Und denk ich nach, wie es mir dann gelungen
in deiner Gegenwart mich zu befreien,
von der Bewährung Liebe sanft bezwungen
zu lebenspendendem festem Gedeihen
Dann seh ich überm Berg hellauf erstrahlen
des Morgensterns glückbringend frühes Zeichen,
und such nach dir, mit Küsschen heimzuzahlen,
wo, Liebste, ich dich wieder mag erreichen.
Haben wir nicht für Zeit und ewiges Leben
ein unverbrüchlich Wort uns einst gegeben?
O, Liebste du, Maisonne meiner Welt!
Unsagbar ist´s, wie sehr ich dich vermisse,
wenn morgens früh, dein Bild, mir aufgestellt,
dein liebes Bild ich voll Verehrung küsse.
Nachts aber, wenn das Herz mir überquillt,
und herbstlich düstre Nebel es umhüllen,
such ich mit Zügen still aus deinem Bild
die blutend offene Wunde mir zu stillen.
Mitunter dann ein Tiefschlaf überfällt,
ein bilderloser, mich, ein stiller, guter;
dann ist mir schlummernd sanft, von dir erhellt,
als wärst bei mir, als Schwester, du dem Bruder.
O, Liebste du, bis dass es tief gestillt
lass ruhn das Herz, das ganz in dir sich füllt.
Was müh ich mich und dichte schöne Zeilen,
wo mir der Kenner, mir die Liebste fehlt,
mit der die Augenblicke ich konnt teilen,
die stets beim Schreiben ich mir auserwählt.
Hätt ich auch Kraft, Geheimstes aufzuspüren,
verschafft die Straßen ihm der weiten Welt;
und könnt ich spielend noch die Saiten rühren,
dass es das Weltenelend noch zerspellt:
Find ich nicht dich, all Glück ist ja zerronnen.
Wo du nicht bist, bietet nichts schön sich dar.
Und hätt der Weisen Beifall ich gewonnen,
ein Narrenthron wärs nur fürs nächste Jahr.
Ja, würd mit Engelszungen ich auch dichten,
fänd ich nicht dich, ich würd mich selbst vernichten.
Erbärmlich ist ein herrschaftliches Leben,
das im Befehlen findet seine Lust!
Den Wunsch, sich einem Höheren hinzugeben,
löscht aus, zerstört es, kennt nur ein "Du musst!"
Wie anders ist der Liebe hold Bestreben;
sie schreit nicht, kommandiert nicht, ist dir nah,
weiß herrlich liebenswert dich zu erheben,
als wär dein besseres Selbst schon immer da.
Und weißt du ihre Freiheit zu ergreifen,
dich einzuüben still in ihre Macht,
wirst du am Herzen deiner Liebsten reifen,
bis der Befreiung Wunder ist vollbracht.
O süße Knechtschaft, in der Liebe weilen
und mit der Liebsten Gottes Liebe teilen.
Seit, Liebste, du mir ferngerückt nun nah,
ist mir der Ring am Finger doppelt teuer,
in ihm besitze ich den Schlüssel ja,
mit dem des Lebens Leben ich erneuer.
Ich weiß ja Liebste, wie den Weg ich finde,
wenn endlich ich aus diesem Elend reis´,
brauch keinen Pionier, dass er mirs künde,
und keines schlachterprobten Heers Beweis.
Einsam wie einst die kühnsten Ritter zieh ich
den Weg hinaus aus all der goldnen Pracht,
des Weltgetriebes Ruhm und Prunk entflieh ich,
dorthin, wo neu das Haus uns ist bedacht.
Und ruf, den Ring am Finger, Liebste, dir,
und wo du bist, tut auf sich mir die Tür.
Sprecht mir von meinem Liebchen, bitt euch sehr,
sprecht immerfort, was Liebe euch gibt ein,
sprecht mir von ihr als von der Liebe Meer,
das mit der Wogen Gang mich will erfreun.
Sprecht immerfort, wie an die Ufer weit
die Wogen drängen, hin zum Ufer hold,
und wie des Ufers Sand und Seligkeit
die Woge glücklich rauschend überrollt.
Und ist´s auch nicht ganz so, kann´s so nicht sein,
weil anders nun mein Liebchen in mir lebt,
sprecht immerfort mir nur, wie Liebchen-fein
sich sorgenvoll in mir sich senkt und hebt.
Sprecht immerfort, was Liebe euch gibt ein,
Und denkt wie Sand und Meer uns stets zu zwein.
Wie oft hast du nicht vor des Schlafens Stunden
mir, Liebste, noch ein gutes Wort geschrieben,
das, wenn ich morgens früh es aufgefunden,
als Liebespfand mir durch den Tag geblieben.
"Im Angesicht der Sterne wohnt ein Schweigen,
das auch uns Menschen ruhig macht und frei.
Wärst Liebster du nur da, es dir zu zeigen!"
So schriebst du einmal, fügtest dann noch bei:
"Nun leg ich nieder mich, nun geh ich schlafen.
Schlaf Liebster du auch, ruh auch du dich aus!"
So war das damals, als wir uns noch trafen,
zu schließen einen Bund im Erdenhaus.
Jetzt heb die Augen auf ich zu den Sternen,
ob du mir Hilfe bringst aus weiten Fernen.
Gäb mir ein Gott zu sagen, was ich leide,
müsst ausgelitten sein, wär es gesagt;
doch was auch immer ich im Wort erstreite,
drängt nur noch schärfer vor das, was mich plagt.
Ein sanfter Lufthauch wohl, Vergessen lind,
weht, schreib ich nieder, ob´s mir was mag taugen;
doch steht´s geschrieben, bläst der nächste Wind
und beizt die nächsten Tränen aus den Augen.
Im Abgrund ist kein Boden zu erlangen.
Umsonst, sich einen Ausweg zu erraffen,
umsonst, sich einen Anfang zu erfangen,
ermüden muss ich, muss im Leid erschlaffen,
Nur so käm Rat, käm Hilfe mir im Bösen,
kämst Liebchen du, mich aus der Haft zu lösen.
Liebste, Du meine Sonne, ich dein Mond!
In großem Bogen seh ich ihn jetzt eilen
als Vollmond durch die Nacht, wo wir gewohnt,
über das Haus hin, das wir nicht mehr teilen.
Als sucht´ im Herbst er nach Erinnerungen,
beschaute das Gelände weit und breit.
Doch nein! Sieh nur! Er zieht Erkundigungen
auf Frühlings Bahn ein nach der Winterzeit.
Ja, Liebste, auch der Winter wird vergehen
mit Eis und Schnee und all der Notdurft Qualen!
Dann wird man wieder uns beisammen sehen,
bei Tag und Nacht von neuem uns umstrahlen.
O Liebste du, mein Licht und meine Wonne!
Dein Neumond ich, du meine Frühlingssonne!
Der ich am Herzen, Liebste, dir geruht,
wie wär bei dir ich jetzt wieder so gerne,
jetzt, wo der Tag erwacht und aus der Hut
der Nacht sich löst. Und trittst mir wieder ferne?
Und glaubte eben noch, als ich erwachte,
leis deinen Atem neben mir zu hören,
dass ich im Stillen glücklich bei mir dachte:
Sie schläft ja! Still! Woll nicht den Schlaf ihr stören!
O Palmspross Du, aus Paradieses Samen,
mir zugesprochen fest in festem Wort!
Sind wir unwissend auch, woher wir kamen,
und um das Ziel der Fahrt, der Liebe Hort:
Sind wir unwissend auch, woher wir kamen,
gabst mir ins Herz doch deiner Liebe Namen!
Was alles schon erforscht und schon ersonnen,
muss ich´s denn halten im Gedächtnis fest,
wie einst im Anfang alles hat begonnen,
wie Leben ward und was uns sterben lässt?
Doch meine Liebste ohne einen Denker
zu denken, der mit ihr mich reich gemacht,
unmöglich ist´s. Gepriesen sei der Schenker,
der alles herrlich so sich ausgedacht.
Ihn bitt ich sehr, mir Liebchen zu bewahren,
es zu beschirmen unablässig gut,
bis wieder es nach all den Wanderjahren
für immer fest in meinen Armen ruht.
Der mich beschenkt, er füg im Paradiese,
dass Liebchen wieder in die Arm´ ich schließe!
Wo Wahrheit ist, ist auch der Seele Streben,
ein Gottesgast, tief in des Menschen Innern,
der uns vom Schöpfergott hinzugegeben,
die Wahrheit zu erkennen durch Erinnern.
So Platon einst, wägend im Sinn die Worte,
des Geistes Macht und Güte anzuschauen.
Doch anders noch fand ich des Himmels Pforte
erschlossen mir: im Blick liebender Frauen.
Sah Liebchen mich, konnt ich in ihr mich sehen;
sah Liebchen ich, war stets das Gute nah;
alterslos jung sah ich sie mit mir gehen
und Gottes Angesicht war immer da.
Komm, Liebste, komm, lass wieder dich anschauen
und wandeln uns auf Paradieses Auen!
"Damals, als du von Mann und Frau berichtet,
was für ein Abenteuer du beschrieben!
Wir waren ja noch gar nicht eingerichtet,
und hatten keine Wirtschaft noch betrieben.
Dann kam die Zeit, als wir uns recht bemühten,
und alles wurde wahr, so wunderbar!
Die schönsten Blumen uns im Garten blühten!
Ein Röschen hatt ich dir gesteckt ins Haar!" -
"O Liebster, du, halt ein, woll dich nicht quälen,
das Hirn zermartern, Aussichten zerspalten!
Lass nicht der Zeiten Gang das Liebste schmälen!
Dein Herz, Geliebter, wird mir nie erkalten,
Drum komm, dass Liebe wir uns neu erzählen
Und so wie einst wir wieder Hochzeit halten!"
Als ich noch halten durft in meinen Händen
dein liebes Haupt, um Küsse dir zu geben,
da hatt ich noch ein reiches, volles Leben,
konnt täglich Liebe neu an dich verschwenden.
Nun da ich nur noch Küsschen kann versenden
auf Bilder, die dich rings mir lächelnd zeigen,
will etwas in mir, küss ich, aufwärts steigen,
das alles Lächeln plötzlich muss beenden.
Die nie geküsst ich, müssen sie nicht wähnen
dass ich am liebsten würd mit ihnen weinen,
weil wir so lang getrennt nun und geschieden?
Drum komm, Geliebte, trockne ab die Tränen,
das Feuer deiner Liebe lass uns scheinen
und schenke unsren Herzen deinen Frieden.
Wenn nicht ist, was bemühn wir uns? In solcher Frage
hat sich Euripides schon einst ergangen.
Ach, als zu denken so wir angefangen,
wie haben wir geschmält da unsere Tage!
Wie anders, Liebste, hast du es gehalten,
das Ziel des Lebens anders wie gewagt es!
Kein Klagelied soll ja das Haus durchwalten,
wo man den Musen dient; Sappho schon sagt es.
Genug war dir des Gottes fernes Rauschen
und bist den Weg geduldig fortgeschritten;
aufmerksam musst ich deinem Atem lauschen,
um zu bemerken, wie du arg gelitten.
Ja, in dir selbst war dir der Sinn begründet.
Ins Nichts reißt alles Denken, das nichts findet!
Wenn Mann und Frau eins sind und ganz beisammen,
wie wir einst, Mütterchen, mein Liebstes du,
versteckt im Schutz mächtiger Liebesflammen,
nichts ficht da an, nichts stört der Seele Ruh.
Die Sehnsucht wecken und die Sehnsucht stillen,
selbst noch der Atem der Unwissenheit,
den wir uns teilten, konnte uns erfüllen,
wir nannten ihn den Gott in unsrer Zeit.
Nun aber, da das alles ist vergangen,
nur noch die Sehnsucht brennt, Nichtwissen zehrt,
nun da verstummt der Mund nichts mehr kann sagen,
Lass Mütterchen mich deine Hand umfangen
am Rand, der jeden Augenblick verstört,
und hilf mein Liebstes du mit mir beklagen!
Ja, wenn des Herzens Hoffen alles wäre,
wär es auch Hoffen wider alles Hoffen,
ich wollte fahren über alle Meere,
wo nur noch Götterwege stünden offen.
Untätigkeit sollt nimmer an mir zehren,
Sirenensang mich nicht vom Weg abbringen,
noch Skylla und Charybdis es mir wehren,
ins Schattenreich des Todes vorzudringen.
Und träf ich dann am Rand des Ozeanes
auf hochgewachsene Pappeln und auf Weiden,
ich legte ein die Ruder meines Kahnes,
das Land Persephones zu überschreiten.
Und säng wie einst in jenen frühen Tagen,
dir, Liebste, meine Ankunft anzusagen.
Du sagst, du weißt, dass Liebchen nicht mehr ist.
Ich sag, o nein, wie soll ich das denn wissen,
wenn auch der Augenmensch sehr leicht vergisst,
was ferngerückt, muss er es nur nicht missen!
Du sagst, wo nichts ist, sinnlos wird das Suchen,
wenn auch ein Gottessohn es dir befiehlt,
dass man, was tot ist, muss als tot verbuchen,
wenn man es auch für unvergänglich hielt.
Ich sag, dass diese Welt vorläufig ist,
dass Schicksals Speichen uns zum Guten treiben
und ich ersehn den Tag der Offenbarung.
Und du, dass dieser Wahnsinn häufig ist?
Ja dann lehr, Liebste, Wahnsinn uns Erfahrung
und mag die Wissenschaft uns ferne bleiben.
Wär Liebchen nicht mehr, könnt kein Gott mich retten!
Was gält mir auch ein Gott voll ewigem Leben?
In Qual und Jammer müssten wir uns betten,
könnt er mein Liebchen mir nicht wiedergeben.
Doch läg an mir, Gott selber zu entdecken,
dass mir durch ihn mein Liebchen kehrt zurück,
Entdeckerweisen wollte ich erwecken,
bis er die Liebste mir erweckt, mein Glück.
Aufspräng ich, jauchzend, auf der Phryger Weisen,
des Herzens Trommel schlagend durch die Nacht,
den Gott des Lebens immerfort zu preisen,
bis er beseligend das Werk vollbracht.
Doch Wahnsinn ist´s, der sucht, wo er nichts findet,
und sich an jeden Hauch der Hoffnung bindet.
Vater und Mutter hatten ja nur Recht,
dass nichts an mir, was wert war zu gefallen;
du aber achtetest die Warnung schlecht
und nahmst mich an als deines Wegs Vasallen.
Mit deines Lebens Glück hast du begehrt,
mit deines Lebens Kräften mich zu stärken,
und was auch immer deines Lobes wert,
erwacht in mir und wusst auf dich zu merken.
Ja, was in mir wert war, etwas zu werden,
erwacht, erwuchs, wuchs auf zu deinem Preis.
O Liebste du, mein Lebensglück auf Erden!
Jetzt aber gingst du hin, Liebste, ich weiß.
Ich aber, Liebste, wuchs in deinem Licht
hinein in Gottes ewiges Angesicht.
Und komm ich einst zu dir, Herr, in den Himmel,
nachdem durchs Tal der Tränen ich gewandert,
durch der Ereignisse rastlos Gewimmel,
und man mein Pilgerkleid schon hat vergantert,
komm hungrig ich und müde von der Reise,
dass schon besorgt die Englein dich anblicken,
wann zum Anrichten kräftigender Speise
du sie nun in die Küche wohl magst schicken:
Dann bitt ich Herr, dann bitt ich dich ergeben,
lass erst mich sehn mein Weibchen, mein Entzücken,
dass zur Begrüßung ich kann Küsschen geben,
und tausend Küsschen, sie an mich zu drücken.
Nach der Begrüßung, Herr, mag´s dir gefallen,
gewährst auch Gnad du meinen Feinden allen.
Sagt man, dass Liebchen alles überwunden,
so acht ich´s still und sag kein Wort dazu.
Doch dass ich frei nun wär, der Last entbunden,
das schreckt mich auf, das stößt mich aus der Ruh.
Liebleere Lippen sind es, die so lallen,
Liebleere Augen, so auf mich gesetzt,
wie könnt ich finden auch daran Gefallen,
wenn mir zur Seite Liebchen wird entsetzt?
Warum, frag hadernd ich, Herrgott der Heere,
Gott Zebaoth hast du es so bedacht,
dass, die nicht lieben und kein Weibchen ehren,
für sie zum Besten alles ist gemacht?
Dass Liebchen ich doch hätt und dürft noch pflegen
und könnt mich nachts ihr leis zur Seite legen.
Im Anfang unserer Liebe war er da
im Wort der Liebe als der Liebe Stern.
Liebste, in dir war er mir, ach, so nah,
doch nun, dein Mund verstummt, scheint er mir fern.
Aus Dämmerungen stieg ich auf zu dir
ans Licht, das mich so wunderbar durchdrungen,
und finde plötzlich in des Tods Revier
mich ausgesetzt des Todes Dämmerungen.
Das Wort, in dem wir uns zusammen fanden,
als wir voll Sehnsucht nach Gemeinsamkeit
vertrauend uns im Geist der Ankunft banden,
erloschen ist es plötzlich mit der Zeit.
Nur Dunkel schreit noch, Lärm füllt noch die Ohren,
als wär zum Sterben alles nur geboren.
Wenn einst, was still in Andacht ward verrichtet,
Aussichten hat auf Herrlichkeit des Lebens,
dann war wohl auch manch Lied, das ich gedichtet
auf meiner Liebsten Anmut, nicht vergebens.
Doch wenn, vom Blei des Zweifels angeschossen
zurückgeblieben nur des Herzens Wunde,
die Tür zum ewigen Leben bleibt verschlossen,
so winkt auch mir nicht der Erlösung Stunde.
Dann muss die Seele, nahm sie voll Entzücken
den Aufschwung auch zu unerhörtem Hoffen,
getäuscht vom Sein das Sein des Nichts erblicken
vom Schweigen der Äonen hart getroffen.
Es sei denn, Liebste, du weißt es zu wenden,
dass nur der Zweifel uns im Nichts muss enden.
O Liebste, du! Voll Anmut im Gebirge
seh ich dich eilen über harten Grund,
als wärst gegangen du, dich dort zu bergen,
Nachtlager suchend vor des Winters Stund.
Und ich, nacheilend dir, dich zu beschützen
mit Decken warm und auserlesener Kunst,
seh hinter mir höhnischer Zungen Blitzen,
als hätt ich nie besessen deine Gunst.
O Liebste, du! Weck auf Erinnerungen,
dass mehr wir waren als ein flüchtiger Traum,
bis unsrer Lieb´ erblühen neue Zungen
erglühend am gestirnten Himmelsbaum!
Dass nicht das Jahr vergeh, eh es gekommen
mitsamt dem Stoff, aus dem wir einst genommen.
Wenn morgens meine Seele ich ergründe,
die nun der Nacht unkundig muss hinirren
durch Schmutz und Elend, und ich dann nichts finde,
als was der Liebe Lobspruch muss verwirren:
"Bin das denn ich?" frag ich mich, weil mit andern,
als hätt des Treubruchs Geißel uns geschieden,
ich dich erblick, bereit schon auszuwandern,
und du hättst jedes Wiedersehn gemieden?
Wo ich begierig, Liebste, dich zu schauen,
des Abends spät zur Nacht mich niederlege,
ob ich dich wiederfind auf grünen Auen,
und nun dich find auf nie betretenen Wegen.
Magst, Liebste, du mir nie genommen werden
in trüber Nacht, mein einzig Glück auf Erden.
Im nächsten Jahr, was kann mir da noch blühen,
wenn mich dein Lächeln nimmermehr umstrahlt,
worum, o Liebste, sollt ich mich noch mühen,
wenn nichts mir meine Mühen mehr bezahlt?
Schau ich zurück auf unsres Lebens Fahrt,
war kaum der Blick jemals zurück gerichtet,
zumeist bewohnten wir die Gegenwart
und auch der Zukunft Wald war nie gelichtet.
Wir wussten ja, dass, was von Schönheit glänzt;
der Augen Paar, die Stirn, die holden Wangen,
am schönsten glänzt, wenn es die Lieb ergänzt,
die mächtig sehnsuchtsvoll brennt im Verlangen.
Und suchten weiter nichts, herzliebstes Weibchen,
du meine Gegenwart, mein Herzenstäubchen.
Ich hab gesungen und ich hab verloren.
Vergebens, dass ich´s mir zu Recht mag legen;
aus eigner Kraft werd nichts mehr ich bewegen;
verloren hab ich an des Todes Toren.
Und wollt dich doch hin durch die Tage tragen,
mein Schätzchen dich, mein Kind, mein Liebstes Du.
Verloren hab in dir ich meine Ruh,
kann nimmermehr, wie ich dich lieb, dir sagen.
Des Orpheus Liedertafeln sind zerschmettert,
derweil der Popanz noch Gebete spricht,
er kennt den Kampf ums ewige Leben nicht.
Wer steht noch in der Zeit, die längst entgöttert?
Verloren hab in dir ich meine Freude.
Nur Herdenvieh grast noch auf Herbstes Weide.
Das Weltall, wurde jemals es ersonnen
auf einen großen Zweck hin und vollendet
und auf ihn hin der Schönheit Glanz verschwendet
und allen Reichtums rätselhafte Bronnen,
so dass der Keim des Lebens aus den Sonnen
und Urweltfluten wunderbar entstanden
und hoch und höher steigend war vorhanden,
bis er des Lebens Hochgestalt gewonnen,
So war´s in dir, du Liebste, mir verkündet,
du Himmelsangesicht, das mich betroffen,
dass ewiges Heil auch ich mir dürft erhoffen,
ob auch viel dunkle Flut in mir noch gründet.
Und muss jetzt klagen, dass ich dich verloren,
als wären besser wir niemals geboren?
Den Atem hören, dicht beisammen liegen
und Zug um Zug erkennen, dass du hier.
Wir könnten ohne Worte uns begnügen,
ich wär bei dir ja und du wärst bei mir.
Gesprochen haben wir ja viele Worte,
gemeinsam viel bedacht in vielen Stunden,
als wir gewandelt um des Lebens Pforte
und Leben viel in dir ich aufgefunden.
Traumloser Schlaf, o Sokrates, genügt nicht!
Allein nur bleibst du da, mit dir allein!
Einsamer Schlaf, o Sokrates, vergnügt nicht.
Liebste, mit dir lass mich zusammen sein.
Liebste, mit dir nur, was auch kommt, betrügt nicht!
Liebste, mit dir zusammen, ich bin dein.
Die Schönheit, Liebste, die in dir ich fand,
wie hätt ein Blick mir je können gelingen,
hätt´ nicht ein Gott geführt mich bei der Hand,
zu seiner Liebe Thronsaal mich zu bringen.
In deinem Körper fand ich einen Leib,
und in dem Leib der Liebe Flammen drinnen,
dass selbst ein Gott zu seiner Zeit Vertreib
nichts herrlicher hätt können sich ersinnen.
Ja, still verborgenes Suchen ließ er sehen,
Liebste mit dir Vollkommenes zu erstreben,
das aufflammt alterslos, nie kann vergehen
und auferstehen muss zum ewigen Leben.
Liebste, ein Gott muss sein, der Schönheit schafft,
der in dir offenbarte seine Kraft.
Ich wusste nie, wie schön mein Name klingt,
eh du ihn, Liebste, mir nicht zugesprochen,
so wie die Amsel hoch vom Baume singt,
wenn wonnevoll der Lenz ist ausgebrochen.
Und wie die Fahnen wehn im Frühlingswind,
wenn aus den Buchten kühn die Segler schnellen,
zu melden, dass vom Meer im Kommen sind
die Sommervögel auf des Südwinds Wellen.
Nun aber, Liebste, da der Herbststurm jagt
die letzten munteren Gäste fort ins Weite,
steh abgehisst ich wie ein Mast, der klagt
um seines Sommers fernentrückte Freude.
Nur ein bedeutungsloses leeres Zeichen
bin ich noch da, wo du nicht zu erreichen.
Wie Peleus einst, vom Lebenskampf gebrochen,
zum Myrtenstrauch, wo er um Gunst gerungen
mit Thetis, bis er sie bezwungen
und sie ihm Treu für immer hat versprochen,
wie Peleus einst dahin zurückgefunden
und wartete, dass sie vom Meer her käme
und in des Meeres Tiefen mit ihn nähme,
ins Schloss der fünfzig Nereiden drunten,
so wart auch ich, in dir, du Wunderbare,
in der sich mir erschloss des Lebens Blüte,
eh dass mich niederzwingen Gram und Müde,
dass ich die Macht des Lebens neu erfahre.
Wenn je dem Menschen Göttliches beschieden,
so ist´s in dir, Liebste, in deinem Frieden.
O Land des Nebels und der dunklen Zeiten,
die nur mehr noch die weiten Täler füllen,
Wer wird des Winters Tränenfluten stillen,
die schon von deinen Wangen niedergleiten?
Du Fleisch von meinem Fleisch, du meine Seele.
wenn dein ich denke, Liebste meines Lebens,
um die ich, seit du fern bist, ach vergebens
bei Tag und Nacht, ohn´ Unterlass mich quäle.
In dir hab ich das Herrlichste gefunden,
die du des Himmels Sehnsucht mir gestillt,
der Myrte Hochzeitskränzlein gramerfüllt
hab ich gewunden nun am Boden drunten.
O Liebste du, horch auf, ich will dich finden,
um Mitternacht, dir meine Liebe künden.
Des Menschen Forschen, der Natur Erfahrung,
man kann es drehn und wenden, wie man will,
schlägt keine Schneise einer Offenbarung,
die uns zufrieden stimmt und tröstet still.
Doch mag dem Denken auch kein Durchbruch glücken,
der Zuversicht und Hoffnung uns lässt sehn,
lässt sich am Rand des Abgrunds auch nichts blicken,
als dass sich Räder der Vernichtung drehn:
Was geht mich an das Räderwerk der Triebe?
Ich setz auf Jesus Christus, unseren Herrn,
der mir erschienen ist als Macht der Liebe,
Liebste in dir, o du mein Augenstern.
Komm, Liebste, komm, dass leis ich´s dich lass wissen
und wir die Tränen uns vom Aug weg küssen.
Vom Nie-Gewesenen zum Nie-mehr-Sein
treibst Menschlein du dein Stündlein auf der Erde,
sie grüßend mit der Neugeborenen Schrein,
verlassend sie voll Kummer und Beschwerde.
Und suchst du bessere Wahrheit zu erringen,
schickst Boten du um Boten aus dem Haus,
Botschaften unanfechtbar dir zu bringen,
sprechen zurückgekehrt sie so sich aus:
Gott ist zum Glück noch nah, im Unglück fern.
Unglück scheint Gottesferne, Nähe Glück.
Dein Glück begrüßt dich als des Glückes Herrn.
Doch ist das Glück dir fern, ist Unglück dein Geschick.
Gott ist im Unglück fern, im Glück dir nah;
Und kommt der Tod, ist auch kein Glück mehr da.
Nie will ich an ein Nie-mehr mich gewöhnen,
an keinen Tag, der ohne dich könnt sein,
muss ich auch wandern mit den Menschensöhnen
durchs Tal des Todes und des Todes Pein.
Ein Kinderliedchen tönt zu mir herüber,
ein Schlummerliedchen tönt mir süß ins Ohr:
"Schlaf, Lieber, ein, schlaf ein, o du mein Lieber!"
aus Mutters Stübeli dringt es hervor.
Der Zeiten Gang durchträumend bis zum Morgen
des jüngsten Tags, wenn aus dem Schoß der Nacht
der Welten Leib, durchheult von Angst und Sorgen,
zu neuem Leben wiederum erwacht.
Du hältst mich fest, ich halt dich fest, zu zwein
sind wir zusammen eins, nie mehr allein.
Wie einst die Heiligen von Gott geliebt
in immer neuen Klageliedern klagten,
in ihrem Herzen untröstlich betrübt,
weil in der Gegenliebe sie versagten:
so klag auch ich, der ich von dir geliebt,
Liebste, von dir belebend ward umfangen,
weil ich zu wenig Gegenlieb geübt,
nicht wert, der Liebsten Liebe zu erlangen.
Ratlos um deine Hand nun steh ich da,
als müsst ich abermals nun um dich werben,
und ist nun keine Hilfe mir mehr nah,
ich Gnade suchen müsste im Verderben.
O Paradox, das Liebe lässt verstehen:
Nur was uns bitter fehlt, werden wir sehen.
Ein Kind, wie sollt es wissen, dass es ist?
Es lebt ja nur im Kreise seiner Lieben
und nutzt die Zeit der ihm gebotenen Frist,
sich in die Kunst des Lebens einzuüben.
Doch längst ist Liebe schon in ihm erwacht,
die über seine Mutter es lässt schweifen,
unschuldig spielerisch bereits bedacht,
die Hand des Partners probend zu ergreifen,
um endlich dann sich gänzlich zu vereinen,
o holdes Glück, beseligende Pracht,
wenn lang der Liebe Sonnenblicke scheinen,
und fern nur rauscht des Todes dunkle Nacht.
O Liebste du, der Schöpfung höchster Sinn
ist, dass ich bin nur, wenn ich bei dir bin.
Wie viel gelitten hab ich Gott um dich,
der du mir immer wieder fern geblieben,
von Kindheit an, seit Mutter lehrte mich,
als Zuflucht meines Herzens dich zu lieben.
Im Weibchen hab geliebt ich dich sodann,
aus ganzer Seele glaubt´ ich dich gefunden
als Fels der Zuflucht, dem ich trauen kann.
Nun aber in untröstlich öden Stunden,
nun da ich ausgeschieden, nimmermehr
die Liebste um mich hab nach all den Leiden,
ein Hiob nur noch schaue aus aufs Meer,
umrauscht vom Wellengang versunkener Freuden,
Ist mir, als wärst gestorben du und tot
samt allem Warten auf ein Morgenrot.
Was für ein Leben! Grübelnd sich verzehren
und Tag und Nacht ruhlos dahin zu treiben
und alles Glück des Lebens zu entbehren,
um sich ins Buch der Menschheit einzuschreiben.
Was für ein Leben! Nie vom Schlaf besiegt,
gejagt, geplagt, gehetzt, ehrgeizig, blind,
geliebkost nie, in Schlummer eingewiegt
von keiner lieben Hand je wie ein Kind,
allzeit bedacht darauf nur, zu ergreifen,
was sich erbeuten lässt, erobern,fassen,
um dann, bei solch wahnwitzig tollem Schweifen,
ins Lebensbuch den Eintrag zu verpassen.
Was für ein Leben, bis wir endlich wissen,
dass wir Platz machen und verschwinden müssen!
Wie anders haben wir es da gehalten,
wie anders haben wir dem Tag gedankt,
gewiss auch wir übten uns im Gestalten
und haben manche Stund uns abverlangt.
Doch Tag und Nacht nur um Erkenntnis ringen,
nach nie Vollbrachtem immer nur zu spähen,
dem Ehrgeiz Liebstes gar zum Opfer bringen,
bis dass man vor dem Neid selbst könnt bestehen:
Der Liebe Märchen zogen wir da vor
mit Kindlein, die des Lebens Fest ergänzen,
und Kinderspiel und launigem Humor
und Liedern mit erfrischenden Sentenzen.
Und sollt Unsterbliches uns nicht gedeihen,
mag es Hephaist, der Humpler, uns verzeihen.
Sprecht nicht vom Tod! Ich müsst mich selber hassen;
drängt mich nicht in der Gräber dunklen Schacht,
hab ich in jenen Stunden doch verlassen,
Liebchen verlassen in der Leidensnacht.
Sprecht von des Paradieses Blumenauen,
zeigt Liebchen mir, versammelt in der Schar
der leidgeprüften, auserwählten Frauen,
bis ich sie wiederfind im neuen Jahr!
Ja sprecht und singt mir nur vom neuen Leben,
vom neuen Glück an jenem neuen Tag,
wann mir des Lebens Herr zurück wird geben
mein Liebchen, unverdient, der das vermag.
Und seht für uns ihr keinen Weg zurück,
so tröst euch eures eigenen Todes Glück.
Hab ich dich, Liebste, nicht dabei,
das lass im Voraus ich den Mai schon wissen,
dass ich ihn unbeachtet lass vorbei,
muss auf mein Liebchen ich, mein Liebstes missen.
Kann nimmer sagen ich: "O Liebchen schau,
wie schön die Sonne wieder aufgegangen
und wie im morgenfrischen Perlentau
dir neuerwacht die ersten Rosen prangen!",
dann ist des Winters Orgelton mir lieber,
Eisklammern lieber um der Tannen Forst
und Bilder, wie sie malt dem Kind das Fieber,
träumend in eines Winterschläfers Horst.
Dann steig ich lieber in der Nacht Revier,
bis dass der Frühling aufersteht mit dir.
Die Zeit hat mich bereits beiseit geschafft,
seit ich nicht wahren mehr kann jene Zeiten,
als ich bei Tag und Nacht noch voller Kraft
umwandelte des Krankenbettes Seiten.
Als morgens ich noch konnte dich erfreuen
mit lang vertrauten, vielgesungenen Liedern,
mit dir den Lebensbund konnte erneuen,
mit meiner Liebe deine Lieb erwidern.
Untröstlich jetzt umkreist das Licht den Tag,
sucht schon beim Aufgang nächtlich sich zu bergen;
und wo ich hinschau, nimmer ich vermag
mit Lebensmut und Freude dich zu stärken.
Schließ Liebste auf dem Suchenden die Tür
und lass den Müd-Gewordenen ein zu dir!
Versuch noch einmal ich mich auf den Saiten
des Lebens, mir die Liebste zu erwecken,
die Finger müd alsbald schon niedergleiten
und unvermögend schamvoll sich verstecken.
Und schau ich an mich, weiß ich nicht zu sagen,
wer einst ich war und wer ich jetzt noch bin,
spür nur den Drang des Herzens noch zu klagen,
weil mir verloren ging des Lebens Sinn.
Und doch! Sag nicht, Liebchen kann dich nicht hören,
sag nicht, wie schrecklich, dass sie nichts mehr hört,
lass ruhn das Wort, das nichts kann als zerstören!
Sag, was das Aug erhellt, das Herz betört!
Schau sie dir an im Hochzeitskränzchen schön,
als du sie sahst und sie dich noch konnt sehn.
Wie lange, Liebste, bist du nun schon ferne
mir, der dich liebt, du, die mir bitter fehlt,
und muss verschweigen, wie ich dich hab gerne,
weil allzu mächtig sonst das Heimweh quält.
Ja, schweigen muss ich und zugleich auch sagen,
weil sonst die Liebe Tröstungen versagt,
muss still verschwiegen meine Liebe klagen,
die leidvoll, Liebste, mir im Herzen nagt.
Wie einst Madschnun, den liebevoll Verrückten,
in tiefster Einsamkeit, versteckt der Welt,
der Liebe Buchstaben nur noch beglückten,
so ist´s um mich auch, Liebste, bald bestellt.
Wie trostlos zäh die Tage weitertreiben,
wo nirgends wir zusammen können bleiben!
Wohin du gingst, dahin will ich auch gehen,
den Weg, den du gegangen in Geduld,
was ausgestanden du, auch ich bestehen,
den Weg der Leiden aus des Lebens Schuld.
Wohin du gingst, die du vorausgegangen
den Weg der Dunkelheit ins Haus der Nacht,
wo Armut und Entbehrung mich empfangen
und die Entehrung des Vergessens wacht.
Dort, wo du weilst, will alsbald auch ich weilen,
bin ich bei dir erst, wär ich arm, doch reich,
kann ich mit dir das Brot der Mühsal teilen.
Wo du bist, Liebste, ist das Himmelreich.
O Tag der Wonne, kehr ich heim zu dir,
Du meines Herzens einzig Glück und Zier.
Im Stillen sitz ich, les für mich allein
von längst vergangnen, seltenen Geschichten,
und sitze da und les und denke dein,
dir meines Herzens Sorgen zu berichten.
Von Herz-Erprobungen les ich da,
die über jedes Menschenmaß gegangen,
wo nur Gefahr noch, Rettung nimmer nah,
um endlich doch ans Ziel noch zu gelangen.
Und les, als läs ich: "Fordere nur das Meer,
dass es zum Zweikampf gegen dich erscheine,
dann bring das Mägdlein ich dir wieder her,
dein Röslein rot; du weißt ja, wen ich meine."
Ja, spräch es so zu mir: "Fordere das Meer!"
Ich ging hinaus und rief es zu mir her.
"Wie lieb ich doch die Sonnenuntergänge!"
so sprachst du einst, mein Liebchen, schlummertrunken.
Im Meer der tiefsten Liebe schon versunken
hörten wir über uns der Nacht Gesänge
und hielten beide uns ganz fest umschlungen,
bereit, einander nie mehr zu verlassen,
verwandelnd uns, verwandelt zu umfassen,
als wie von ewigem Leben schon durchdrungen.
Nun aber, in fernhin ziehenden Jahren,
ein Kranker, nach Genesung schau ich aus;
und wär so gern, Liebste, bei dir zu Haus
wie einst, als wir vereint beisammen waren.
Ein Kranker, nach Genesung schau ich aus;
und wär so gern, Liebste, bei dir zu Haus.
O Liebster du, was hast du nur gelitten
um mich, die Ferne, und ich war doch da,
war doch um dich, du Liebster, stets geschritten,
wenn ich untröstlich dich und traurig sah.
Sooft um unsre Liebe du gerungen,
o Liebster du, stets war ich doch bei dir,
von deinen Schmerzen selber mit durchdrungen,
o du, mein Lieber, du mein Liebster mir.
Lass düstre Ahnung länger nicht umschnüren
dein liebes Herz, mein Allerliebster Du!
Bald wird ins Zelt der Nacht die Sonn uns führen
und decken uns mit ihrem Mantel zu.
Dann lass zusammen uns nur leis noch klagen,
dass wir der Liebe Hochzeitsglück ertragen.
Du fragtest, Liebste, niemals, wer ich bin,
hätt es auch nie vor dir gewusst zu sagen.
Ich weiß nur, wie gewaltsam zu dir hin
mich´s zog schon früh, in jugendfrühen Tagen;
Und dass mich´s später, minder nicht, nein mehr,
ja mehr noch zog, Liebste dir zu gefallen,
die mächtig und unendlich wie das Meer
gezogen kam in goldener Wogen Wallen.
Was sonst auch, Liebste, liegt mir noch im Sinn,
als dass ich wiederseh, dich, wieder höre.
Alles ist gut ja, wenn ich bei dir bin
und wie der Brandung Fels dir angehöre.
Wie ein Verstoßener weil ich noch hier
und spür gewaltig, wie mich´s zieht zu dir.
Nächst Gott, der mich im Mutterleib erschaffen,
bist Liebste du, die herrlich mir gab Leben!
Könnt ich davon dir nur zurück jetzt geben,
wie wollt mein Leben ich zusammenraffen!
Was anders sonst könnt ich mir noch ersehnen,
als Liebste heim, nach Haus zu dir zu kehren
und allem Kummer, allem Schmerz zu wehren
und abzuwischen alle deine Tränen.
Gedankenlos indes die Tage gleiten,
als hätten sie vom Lotosbaum gegessen,
und hätten so im Einerlei der Zeiten
der unverhofften Heimkehr Tag vergessen!
Du, Gott der Ewigkeit, sei unser Glück,
komm, eil und bring der Liebsten mich zurück!
Mag einst das Leben enden, wie es will,
der Mond die Erde nicht mehr mit sich führen,
die Achse schwankend nimmer halten still,
der Zeiten Folge fest zu regulieren.
Und Feuer brausen durch des Himmels Zelt
der Erde Bau und Antlitz zu zerstören,
bis dass kein Damm, kein Berg das Meer mehr hält,
und keine Macht dem Chaos mehr kann wehren:
Eins, sagtest du, eins werden wir dann sein,
wenn einst der Dinge Werdegang durchmessen,
und Galaxie und Stern und Erden klein,
und Forscher und Erforschtes sind vergessen.
Eins, sagtest du, eins werden wir dann sein,
und Liebste ich für immerdar dann dein.
Wie hat die Welt so plötzlich sich verwandelt,
die einst so strahlend schön das Licht durchdrang,
als wir gemeinsam Hand in Hand gewandelt
und Gottes Schöpferwerk durch uns gelang.
Wo einst man sah das Land voll Frucht und Fülle,
des Vogels Fittich bei der Herden Ziehn,
und Fische quirlig durch der Meere Stille
zum frischen Quellgebiet, zum Brutplatz hin,
droht nun gespickt mit Zähnen einzudringen
vom Himmel droben bis zum Erdengrund,
voll Gier des Lebens Keime zu verschlingen
der Fresser Tod hinab in seinen Schlund.
Was übrig noch vom einstigen Schöpfungssegen,
müht sich umsonst, ins Grabbett sich zu legen.
Eh Gott den Himmel und die Erde schuf,
den Anfang gründend in den Gang der Zeiten,
fernhin durch die Äonen scholl sein Ruf,
der Schöpfung Herrlichkeiten zu bereiten.
Da, Liebste, dacht er auch den Mensch sich aus,
als Mann und Frau zu wohnen fest beisammen;
spannt über uns des hohen Himmels Haus,
uns zur Erinnerung, woher wir stammen.
Und hat dich Liebste mir dann anvertraut
dem Bund gemäß, den er für uns erdachte,
mir, deinem Bräutigam, dich, meine Braut,
die er mit seiner Schöpferlust entfachte.
Er, der geschaffen uns in Zeitgestalt,
er hat auch durch Äonen die Gewalt.
Verloren ist, wer zu erforschen sucht,
ob Gottesliebe weht durch die Äonen,
weil, wer nicht bitten kann, sich selbst verflucht
und wert nicht ist, in Gottes Lieb zu wohnen.
So hört ich jüngst und ließ das Forschen sein
und warf mich hin auf des Altares Stufen
und rief zum Herrn, rief wie die Kindlein klein,
die Heimweh plagt, um Hilf ihn anzurufen.
Gott, der du bist, rief ich, ja, der du bist
bereit, der Kinder Wünsche zu erfüllen,
gib, dass mir nichts zu meines Lebens Frist
das Heimweh nach der Liebsten je kann stillen.
Lass mich im Heimweh nach der Liebsten üben,
dass auch kein Tod die Sehnsucht je kann trüben!
"O Gott, auf deinem hohen Himmelsthron!"
So sangen jugendfroh wir einst zusammen
und freuten uns am eingeborenen Sohn
und spürten wundervoll der Liebe Flammen.
Später dann, als die Sprache dir erlosch
und wir zusammen nicht mehr konnten singen,
sang ich der Liebe Preislied immer noch,
dir Mut und Kraft und Lebenslust zu bringen.
Nun aber steh ich da und schau verstummt,
unfähig zu erfassen Tag und Jahr,
verriegelt und versiegelt steht der Mund,
der einst so froh mit dir beim Singen war.
Nur manchmal unter übermächtigem Sehnen
steigt noch ein Lied auf aus dem Tal der Tränen.
Ich ließ dich ziehn hinaus ins Ungewisse,
die meine Seele liebt, die ließ ich ziehn!
Und blieb zurück. O, der Gewissensbisse,
denen ich niemals, Liebste, werd entfliehn.
Und bist mein Schätzchen immer doch gewesen,
der um dein Wohl besorgt ich und gebangt,
seit, Liebste, du mich dir hast auserlesen
und deine Huld und Liebe ich erlangt.
Nun bin allein geblieben ich zurück,
und ess allein nur noch gemeines Brot,
und aß mit dir gemeinsam doch das Glück,
eh ich dich ziehen ließ in Todes Not.
O du, um die sich meine Seele grämt!
Wie steh vor dir ich, Liebste, schuldverschämt!
Wie such ich, Liebste, dich doch überall,
die immerfort getreulich mir zur Seite,
und finde kaum mehr einen Widerhall
von der vergangenen Tage Lust und Freude.
Nachts dann im Traum, in deiner Eltern Haus,
forsch ich nach dir, doch von dem Leid zu sprechen
hindert mich Scheu, anders drück ich mich aus,
um mir kein zweites Mal das Herz zu brechen.
Frag nach der Mutter, die schon lange fern,
und mein doch, Mütterchen, nur deine Nähe,
und wünschte so und hätt es gar zu gern,
wenn bei den Lieben ich dich wiedersähe.
Wie deine Mutter einst dich angeschaut,
fänd, Liebste, wieder ich in dir die Braut.
Wie viel geweint hab, Liebste, ich um dich,
seitdem du mir unfassbar bist entschwunden,
und sitz nun da, ein Häftling, gräme mich,
als hättst du hart und fühllos mich erfunden:
Weil gegen deinen Tod ich nichts gewagt,
weil feig und elend ich dabei gewesen
und wartete jetzt, bis die Zeit genagt
dein leuchtend Angesicht mir aus dem Wesen.
Du liebes Kind, du schöne, junge Braut,
du alles, was ein Mensch nur je kann lieben,
mein einzig Mütterchen, mir anvertraut,
dass so das Ende muss den Sinn betrüben.
Die wir gewandelt, Liebste, durch die Zeit!
Zeig mir den Weg, der aus der Haft befreit.
Als ich sie hörte, da sie nach mir riefen,
gefangen noch in der Narkose Bann,
mir Tränen plötzlich aus den Augen liefen,
die ich nicht fähig war zu halten an.
Sie fragten mich, ob ich noch Schmerzen hätte.
Der Schmerzen, die sie meinten, war ich frei.
Warum ich weinte so in meinem Bette.
Ich: Wegen meiner Frau. - Was mit ihr sei?
Dass ich, erwacht, sie nimmer bei mir fände,
zurückgekehrt ich aus dem Totenreich,
zurückgekehrt zu Licht und Lebensspende,
zurückgelassen sie den Toten gleich!
Und preisgegeben ohne Halt und Hände
entströmten Tränenbäche ohne Ende.
Als müsst´ ich Wache halten noch für dich,
bin ich noch hier, wo Liebste du gewesen,
und brenn wie einst verlangend inniglich,
aus deinen Blicken mein Geschick zu lesen.
Du, die mich schauen ließ ins Paradies,
als wär die Liebe, Liebste, überstanden,
und um mich her nur noch der Nacht Verließ,
da Liebste du, mein Liebstes, kamst abhanden.
Hör ich dich singen nicht noch licht und klar,
wie du gesungen einst auf unseren Wegen?
"Liebster, die Liebe bleibt unwandelbar,
nichts kann sie hindern, nichts in Ketten legen."
Nichts, was nicht sänge, Liebste, mir von dir,
ist tausendfach verriegelt auch die Tür.
In deiner Liebe, Liebste, wuchs ich auf,
ein Schößling fest und kraftvoll im Bestreben,
mit dir zusammen durch der Jahre Lauf
des Wachstums Augenblicke zu erleben.
In deine Liebe wuchs ich fest hinein,
wie die Zypresse ins Geäst der Himmel,
dass Erd und Himmel sollten bei uns sein
mit all der Schöpfung preisendem Gewimmel.
In deiner Liebe find ich endlich Heil,
in deiner Augen lichten Blumensternen,
bin ich bei dir erst, hab an dir ich Teil
und nichts mich je von dir mehr kann entfernen:
Du Frühlingslicht, du lichter Rosengart,
Du Liebstes mir in Gottes Gegenwart!
Du bist die Muse, die mich einst berief
in Jugendjahren, mich mit dir zu führen,
aus Dunkel drängend und Unwissen tief
des Himmels Herrlichkeiten zu erspüren.
Du bist es, die den Dichter dir befreit,
Liebste, nebst dir der Gottheit zu gefallen,
wandernd zu singen stets an deiner Seit,
bereit auch auf dem Weg durch Todeshallen.
Jetzt, Liebste, bist starkmütig du und rein
den Weg zum Leben mir voraufgegangen.
Ein Weilchen noch bin wieder ich allein,
dann lass mich dich für immer fest umfangen.
Ein Weilchen noch lass uns von Ferne plaudern,
dann im Gedächtnis Gottes wonneschaudern.
Geheimnisvolles, wundersames Küssen!
Wie küssten, Liebste, wir uns viele Male,
auch als du dalagst noch im Krankensaale,
hilflos gelähmt auf deinen bleichen Kissen.
Wenn da die lieben Augen dir erglänzten,
da glaubt ich mächtig an ein neues Leben,
das, Liebste, ich einschmeichelnd dir könnt geben,
und freute mich, wie gut wir uns ergänzten.
Dabei warst du es, die mir Mut zum Hoffen
einschmeichelte, mich lächelnd ließ vergessen,
den Weg verbergend, den du schon durchmessen,
mitsamt dem Urteil, das dich längst getroffen.
Und als du einbrachst in ein Meer von Blut,
riefst du noch: "Liebster, alles ist doch gut!"
Du winktest mir noch zu, als wolltst du sagen:
"Gräm, Liebster, dich nicht, muss ich jetzt auch gehen.
Bald nach des Winters grimmig strengen Tagen,
bald, Liebster, werden wir uns wiedersehen.
Dein Bild hab auf die Reis ich mitgenommen,
den Bund gegraben tief ins Herz hinein.
Was immer auch dazwischen noch mag kommen,
bald werden wieder wir beisammen sein.
Getrost! Lass nur den Herrn der Welten handeln,
der seine Lieb in unsre Liebe barg,
dass unsre Lieb in seine er mag wandeln
zum großen Fest, zum Auferstehungstag!
Ja, gräm dich nicht, du Heimgesuchter, Armer!
Gar große Gnaden hat der Allerbarmer."
Denk ich zurück, was uns das Leben brachte:
Es war ein großer, wunderbarer Traum,
den uns der Gott des Lebens einst entfachte,
als er dich zeigte mir am Himmelssaum.
Und ich, mit aller Kraft und Macht ich eilte,
bis, Liebste, ich dir fest am Herzen lag,
mit dir den Traum vom großen Leben teilte,
den Traum vom endlos neuen Schöpfungstag.
Den Traum, der immer wieder neu entzückte,
der Lieder schuf und immer neuen Sang,
der leis den Dunkelheiten uns entrückte,
dem Herzen Frieden schuf ein Leben lang.
Der Gott des Lebens, dem wir einst gesungen,
verleih uns wieder seines Lobes Zungen.
O der Entkleidung aller deiner Kleider,
die Liebste dich im Meer der Leiden zeigen,
und warst doch einst der Schmuck der Himmelsleiter,
als du ins Reich des Todes musstest steigen.
Entblößt, erniedrigt bis zur Kreatur,
alleingelassen nie gekannter Meute,
nur mehr noch fristend atemschwer Natur
im Sterbesaal, den Schatten leichte Beute.
Im Morgenrot du Rose einst erglüht!
Du Seelen-Blüte schön zum Blühn gekommen!
Im Kleid der Knospe bräutlich aufgeblüht:
Wach auf und nimm, was man dir weggenommen!
Wach auf, nachdem so schrecklich du gelitten
und Leben uns, o Liebste, viel erstritten!
"Das größte Wunder ist doch, dass ich bin!"
Sprach der Prophet und gab sich gern zufrieden,
und ließ vom Himmelswagen hoch sich ziehn
verzückt hinauf zu Gottes ewigem Frieden.
So ziehn auch wir, Liebster, derweil die Zeit
lautlos an uns vorüberzieht, enteilend.
Und stehn am Tore wir der Ewigkeit,
das Losungswort den Cherubim erteilend,
Dann Liebster sag: Er wollte, dass ich bin
mit meiner Liebsten. Also bin ich da.
Macht auf das Tor; denn dies ist ja der Sinn,
kommt Mann und Frau dem Paradiese nah.
Und er, der Heimkehrhüttlein längst erbaut,
wird lächeln, wenn er unser Kommen schaut.
Lass dich umschmeicheln, Gott, den ich so brauche
als Macht der Liebe, die allzeit besteht,
dass ich den Atem ehrfurchtsvoll verhauche
vor deinem Thron, o Gott du, im Gebet!
Um deiner Liebe, die du einst gegeben
als Wort der Liebe, das du einst gesandt,
um Liebchen auch als deiner Liebe Leben
und deines Lebens Lieb und Unterpfand:
Sag, dass du warst o Gott, mich zu umfangen
mit deiner Liebe Fülle, dass du warst,
und dass du längst gestillt schon mein Verlangen
und deines Lebens Liebe neu gebarst.
Sag, dass du bist, sag, dass du immer bist
in deines Lebens Lieb und Jesus Christ!
Schreib ich denn nur noch leere Blätter
und sitz zum Abholen bereit
und warte nur noch auf das Wetter,
das Schlösser sprengt und aus dem Tod befreit?
Als hätt die Sprachen all ich ausgegossen,
Liebste, für dich, dass ich dich wieder hab,
und nur die Stunden wären hingeflossen
mit Schweigen schwül und düster um dein Grab.
Lehr, Liebste, mich die Sprache, die mir spricht,
dass nur noch deine Stimme ich kann hören,
die mir aufleuchten lässt dein Angesicht
und nichts mehr deine Gegenwart kann stören!
Lass neu erblühn in dir, Liebste, mein Heil,
Du meines Lebens lebenspendend Teil!
Komm, Liebste, komm, sag, wo du hingezogen
mit deiner Lämmer Schar den Bach entlang,
sag, dass kein Trugbach rauschend dich betrogen
und keines Fremdlands Wüste dich bezwang.
Komm, sag mir auch, wo du inzwischen weidest
mit deinen Herden jetzt, zur Mittagszeit!
Sag, wo der Sonne Feuerglut du meidest,
wo frisches Grün am Wasserquell gedeiht!
Sag endlich auch, wo wir dann Nachtruh halten,
wenn Dunkelheit die Erde rings umhüllt,
wo sanfter Schlaf den Atem mag durchwalten
und wo mein Herz an deinem wird gestillt!
Auf meinem Lager, Liebste, jämmerlich
wie bei der Lämmer Blöken, such ich dich!
Wie einst in Babylon das auserwählte
Volk Israel mit seinem Gotte rang,
weil es gefehlt und nun sein Gott ihm fehlte
und keine Hoffnung ihm durchs Dunkel drang:
so klag auch ich an meines Lebens Ende,
wo mir das Beste, mir das Liebste fehlt,
und schaue aus nach jener Zeitenwende,
wo neu der Herr einander uns vermählt.
Was haben wir erlebt, was nicht zum Träumen
als Saatgut längst der Erde einverleibt?
Drum, Liebste, komm, lass uns nicht länger säumen,
dass uns sein Kommen nicht verborgen bleibt.
Liebste, zu Dir, o liebste Jutta mein!
An deinem Herzen nahe lass mich sein!
Wie hab ich doch gekämpft und hab verloren!
Nur durch den Schlaf gelang ich noch zu dir,
wenn ferngerückt von Weisen und von Toren
ich aufersteh glücklich im Nachtrevier.
Dann aber komm, mein Schätzchen, lass uns eilen,
die du mit Liedern mir begabst den Mund,
bis wir beim Karmel unsrer Liebe weilen,
wo ich dir singen will aus Herzens Grund.
Das Lied vom Weinberg, der der Liebsten eigen,
wo einst die ersten Küsse wir getauscht,
der Feigen Frühfrucht reifte in den Zweigen
und Blätter Kühlung spendend uns gerauscht.
Dort will ich singen dir, bis dass wir lachen,
weil nie mehr wir im Tränental erwachen.
Was fang ich nur mit all den Stunden an,
die, Liebste, ich getrennt von dir muss weilen?
Des Himmels Zeiten, ach, scheinen vertan,
da keine Zeit mehr bleibt für uns zum Teilen.
Ruf ich nach dir, du liebste aller Frauen,
mit der der Gott der Liebe mich geschmückt,
der meiner Obhut dich wollt´ anvertrauen,
kein Gegenruf auf meinen Ruf mehr glückt.
Ruf ich nach dir, ich kann dich nicht mehr finden.
Die Jahre, die zusammen wir verbracht,
entfliehen der Erinnerung, verschwinden
wie Schemen wesenlos im Schoß der Nacht.
Die Zeit zergrübelnd bin ich nur noch hier,
bis, Liebste, sich auftut die Tür zu dir.
"Nimm die Leier und sing uns von Aphrodite!" (Sappho)
Komm, spiel uns auf zum Lobpreis deiner Liebsten,
hätten sie so gesagt: Komm spiel uns auf!,
ich hätte keinen Augenblick gezögert,
hätt aufgesungen zu der Harfe Lauf.
Und hätt der Liebsten Liebe hoch erhoben,
gepriesen sie als meine Königin.
Doch ihnen war kein freier Sinn zum Loben,
sich selbst umkreisend nur jagten sie hin:
Hinauf zu Babels goldumwehten Türmen,
zum Reichtum, den der Rost, die Motte nagt,
zur Ruhmestat, die trotzend allen Stürmen
kein Neid, kein Feind, kein Argwohn mehr verjagt.
Mag denn hinab zu uns die Liebe steigen
und in ein Loblied wandeln unser Schweigen.
Die Zeit zergrübelnd bin ich nur noch hier,
die immer noch der Stunden Gott mag senden,
wo er der Liebsten Blick gewandt von mir
und von der Liebsten ich den Blick musst wenden.
Und Kunst und Arbeit nur noch mich betrügen,
der Zeit vergessend auf der Stunden Pfad,
was nützte auch das strengste Selbstgenügen,
wenn kein Erwachen mehr der Liebe naht?
Frei bin ich jetzt, wie die Gemeinen denken.
Nichts, was zurück mehr hält von Schimpf und Schand.
Könnt ihnen ich doch diese Freiheit schenken
und hielt mein Liebchen wieder bei der Hand.
Besteigt denn euer abendliches Lager,
Glück auf, Frau Schwägerin! Glück auf, Herr Schwager!
Soll ich nach draußen in die Welt hinaus,
mit jedem Schwager mich zusammensetzen,
und über jeden Dorfschwank, jeden Strauß
bald lachend mich ergehn, bald mich entsetzen?
Soll von Manhattans höchstem Turm ich winken,
von Pekings Himmelsplatz liefern ein Bild,
die Augen voll von Dubais Goldglanz trinken,
als würd der Menschen Sehnsucht dort gestillt?
Oder lass ich entrücken mich hin zu den Gärten,
wo Rosenbüsche blühn über den See
und säh Semiramis mit Golf-Gefährten?
O Welt, ruf lieber ich, fahr hin! Ade!
Ist nur die Liebste fest mir zugesellt,
vermach ich euch, was immer euch gefällt.
Was hat das Leben nur aus mir gemacht,
seit, Liebste, ich bei dir nicht mehr kann weilen,
seit ich im Stundenturm bei Tag und Nacht
als Zeiger muss und Glockenhans umeilen.
Lass fern von dir ein Klagelied mich singen,
ans Herz dir legen, Liebste, was mich quält,
dann deinen Liebsten lass nach Hause bringen,
wo seine Königin ihm bitter fehlt.
Und muss ich wandern auch durchs Tal der Toten,
ich fürcht kein Unheil, weitentrückt der Welt,
du bist bei mir, schickst du nur einen Boten,
der heim mich leitet, hin zu deinem Zelt.
Ein Fremdling worden bin ich ganz und gar,
der dir zur Seite einst ein König war.
In Erinnerung an Psalm 8, Mütterchens Lieblingspsalm
O Menschenlos, dem keiner je entronnen
und je entrinnen wird! Was willst du tun?
Erobern dir der Götter Jugendbronnen,
willst nach dem Tagwerk bei den Göttern ruhn?
Und hoffst, kannst du des Geistes Frucht ergreifen,
von der Erkenntnis Baum die Seligkeit?
Mag auch des Wissens Frucht glänzend dir reifen,
da führt kein Weg aus der Verlorenheit.
Lass ab vom Forschen, such nicht zu ergründen,
was nie zu finden ist. Der Säugling Schrein
mag uns die Macht des Allgewaltigen künden.
Liebster halt aus! Er lässt uns nicht allein.
Liebster halt aus! Das ist des Lebens Sinn,
zieht es zum Haus des Todes uns auch hin.
Ihr habt ja Recht. Nie hab ich es bestritten,
ich selber bin es ja, der dafür bürgt,
dass erst durch meiner Liebsten Wort und Sitten
ich lernte, was mit Güte man bewirkt.
Im Menschen stets den Eigensinn benennend,
selbst eigensinnig, unduldsam, gemein,
des Fleisches Schwachheit überall erkennend,
der Litanei des Bösen füg ich´s ein.
Wie anders wusste Liebchen doch zu walten,
sah stets, woran sie glaubte, hold und wert,
und wusste so die Liebe zu entfalten
im Herzen mir, blieb viel ihr auch verwehrt.
Ins Herzensdunkel sätest du dein Licht,
das mir aufleuchten lässt dein Angesicht.
Im Herzen, wo die Hoffnung Wünsche hegt,
wüsst wohl auch ich noch manchen Wunsch zu nennen,
nur dass die Hoffnung, die bedenkt und wägt,
ihn nimmer als erfüllbar mag erkennen.
Umsonst dein Wunsch, spricht sie; es ist vorbei:
Als du sie gehen ließest von der Hand,
auch aus den Augen dir die Liebste schwand,
nichts bringt sie mehr zurück, was es auch sei.
Seitdem haus eingemauert ich allein,
das Leben ist verleidet mir gar sehr,
ich bin allein, bin müde, mag nicht mehr,
möcht nur bei dir noch, meiner Liebsten, sein.
Wie nötig wär mir doch ein neuer Tag,
wo ich dir zeigen könnt, wie ich dich mag.
Liebster sag nicht, Liebchen ist nicht mehr hier,
sag, Liebster, nicht, dass dir die Liebste fehle.
Such nicht im Totenreich Liebchens Quartier,
quäl nicht mit Nachtgespenstern deine Seele.
Ergib dich nicht verzweiflungsvollem Klagen,
den Lebensweg mit Liebchen zu bereuen!
Von Herzensgrund lass wieder Ja uns sagen,
wie damals, als du kamst, um mich zu freien.
Denk an das Lebensglück, das uns gegeben,
als du dein Liebchen, ich den Liebsten fand,
dass ich zum Schmuck dir ward in deinem Leben,
und ich als Kleinod dich ans Herz mir band.
Und wär Gott auch nur Nichts, lass ihn nur sein!
Denn nur durchs Nichts haucht neu er Leben ein.
Wenn zwei einmal im Grab beisammen sind,
so sind dem Gang der Zeiten sie entbunden.
O du mein Kind, mein allerliebstes Kind,
das unentwegt ich such zu allen Stunden.
Ein Jahr ist´s bald, seit uns die Not getrennt,
der, Liebste, ich doch dir nur angehöre,
ein Jahr, das keine Heimat mir mehr nennt,
weil deine Nähe schrecklich ich entbehre.
Ein Jahr, wo alles, was uns teuer war,
fern ist gerückt, wir mit Vergessen büßen,
wo nimmer uns der Liebesprüfung´ Schar
wie früher kann der Mühsal Schar versüßen.
Nur aus den Briefen kann ich noch erlesen,
dass es uns gab und du bei mir gewesen.
Wie ist doch die Natur so gnadenlos
und blind über dich, Liebste, weggegangen!
Der Mai, er kam, aufbrach der Knospen Schoß,
und überall war eitler Blumen Prangen.
Und Hochgesang, wie bei den Osterglocken,
wenn Braut und Bräutigam den Einzug hält
zum Ja-Wort in die Kirche. Chöre locken
von Engeln auf zu einer besseren Welt.
Zurückgekehrt, ein Wanderer ferner Welten
zum Schlusslied durch die Kirchentür ich drang;
doch du warst fern, alle ließen es gelten,
und keiner war, der schwermutsvoll da sang.
Nichts hatte ich erreicht, ich war gekommen
und stand als Nachtgespenst unter den Frommen.
Bin nicht Admet ich, dem die Liebste starb,
für den Alkestis in den Tod gegangen,
Pelias Tochter, die für mich verdarb?
O hätte dieser Tod nie angefangen!
Nie soll erleichtern mir ein eitles Glück,
nie des Vergessens Gift den Tod mir heilen,
verflucht, wenn in die Tage ich mich schick,
die, Liebste, ich mit dir nicht mehr kann teilen!
Es sei denn, dass ein Tag dich wiedergibt!
Doch ist kein Tag mehr, musst du´s leis mir sagen.
Dann lass mich sagen dir, wie ich geliebt,
lass leis mich sagen, lass mich´s leis dir klagen.
Lieb wär mir dann, ein Hügel wär mir nah,
der mich bedeckte, da uns dies geschah.
Durch Waldes Schatten wie in frühen Tagen,
wo einst gemeinsam, Liebste, wir gegangen,
geh nochmals ich, einsam dahin, befangen,
begleitet nur von meines Herzens Klagen.
Und fass nicht, was die Welt so leicht kann fassen.
Dabei warst du doch mein. Warst? Wie gemein!
Bist doch noch immer mein und ich bin dein,
hab, Liebste, ich dich auch allein gelassen.
Da bin ich nun und schau zu dir herüber,
ein Traum von Schatten nur, der mir verblieb,
und ruf: O Liebste du, ich hab dich lieb!
Und hör im Echo: Komm zu mir, mein Lieber!
Ihr Vöglein singt nur weiter eure Lieder.
Wegmüden Greis leg ich ins Gras hier nieder.
So spricht zu mir die Liebste: "Liebster, du,
der du der Liebsten immerfort gehuldigt,
gib Stille nun, nicht länger mehr lass zu,
dass dich der Vorwurf bitteren Leids beschuldigt!
Der Weg ist weit, doch sieh, er ist vorbei.
Sieh, ausgestanden hab ich alles Leid.
Was immer auch geschieht, was es auch sei,
sag, dass ich bei dir bin für alle Zeit!"
"Ja, Liebste, alle Zeit bist du bei mir.
Nur noch der Weg zur Herberge steht an.
Und kommst hervor du, trittst du aus der Tür,
ist auch das letzte Wegstück bald getan."
Nie mehr will ich mein wundes Herz verklagen,
"Ja, Liebste, du bist da!" So will ich sagen.
Sag mir nur immer wieder, dass ich´s glaube,
sag mir, dass fest und sicher ich es weiß,
dass keine Flucht der Zeit es weg mir raube,
sag, das Gedächtnis stärkend, zum Beweis:
Dass du mein Mütterchen noch immer mein,
die, Liebe lehrend, mich ans Herz gedrückt.
Sag, dass geführt ins Leben du mich ein,
fürs ewige Leben leise mich entzückt.
Sag, dass kein "war einmal" uns je genügt,
kein "war einmal" das Buch der Liebe endet,
kein "war einmal" ums Liebste uns betrügt,
hat der Philister auch den Blick gewendet.
Sag, dass kein "war einmal", herzschlimmster Feind,
uns rauben kann, was uns für immer eint.
Hoffend auf Gottes Frieden steh ich auf
und küss dein kostbar Bildnis, das mir blieb,
Liebe, o Liebste du, Gott hab dich lieb!
und lass den Tag beginnen seinen Lauf.
Und frag mich, was zu tun, und stehe da
und sinne nach und weiß nicht, was geschieht,
wenn alle Welt hinaus ins Freie zieht.
Wo du nicht bist, ist mir nur Nicht-Sein nah.
Begießt die Blumen, geizt eure Tomaten,
regt und bewegt voll Lust euch und voll Kraft,
durchzieht die Welt als Täter toller Taten,
sucht, was euch Ehr und Ruhm und Reichtum schafft!
Nachtwandelnd aber ich such auf die Tür,
die, Liebste, mich gewaltsam zieht zu dir.
"Was mehr Wert hat denn das Leben im Licht,
das birgt im Gewölk die verhüllende Nacht." (Euripides Hippolytos)
Nicht mehr empfängt das abendliche Tor
des Hauses mich, wie vordem es getan,
als aus der Kammer leuchtend schaut´ hervor
dein Angesicht, dem ich mich durfte nahn.
Was könnt ich auch Sinnvolles jetzt noch tun,
wo du, herausgeschafft, verlassen hast
des Hauses Obhut. Wo könnt ich noch ruhn,
das Haupt noch bergen nach des Tages Last?
Nichts birgt die Zeit mehr, die sich längst entleert,
die früher sich mir waltend offenbart,
als, Liebste, ich gepflegt dich und verehrt,
was uns zur Tröstung beigegeben ward.
Du Liebste, eingesenkt in bitteres Leid
Des Lebens einst, jetzt meines Todes Freud.
Hätt, Liebste, ich doch weniger geliebt! -
O weh, wie kann mein Mund nur solches sagen,
weil nimmer es Erfüllung für uns gibt
in diesen leer gewordenen Erdentagen.
Voll Sehnsucht einst stürmt ich dahin die Straßen
und suchte Liebste dich, bis ich dich fand,
um nimmer dich, nie mehr dich zu verlassen,
den Weg beschreitend durch des Lebens Land.
Da standest, Liebste, du mir fest zur Seite,
und ferne war, dass je es anders wär.
Wie wogte da um uns des Lebens Freude,
war auch dein Leben bald schon voll Beschwer.
Der Liebe Lieder hielten uns umschlungen.
Nur wo die Liebe fehlt, verstummen Zungen.
Die Liebste spricht:
Wie in die Wüste schaffte Trank und Speise
ein Rabe einst dem Gottesmann, der bang
und müd geworden auf des Lebens Reise,
bis ihm ein Gotteswort wieder erklang:
So schafft auch uns auf wunderbare Weise
des Lebens Vater, der den Stamm durchdringt,
bis überm Blätterdach ergrünt uns leise
die Weise seiner Liebe neu erklingt.
Lass, Liebster, ab, dir den Verstand zu zwingen,
lass ab vom grüblerischen Grenzausspähen,
dass ihm der Liebe Wunder mag gelingen,
dass wieder wir zusammen auferstehen.
Glaub an das Wunder, das Vollkommenheit
in deiner Liebsten schafft! Das Herz mach weit!
Zur Stunde früh, wenn Eos sich erhebt,
der Schläfer nicht die Stunde weiß, die ist,
und wie ein Leib alles atmet und lebt
in letzten kräftigenden Schlafens Frist,
träumt, Liebste, mir, als hätt mich Gott geweckt,
mir deines Atems Züge anzuhören,
und lausche still, lass alles unentdeckt,
um Gottes Schöpfungswerk nicht zu erschweren,
leg nochmals mich zur Seite, schlafe ein,
zufrieden als hätt nie ich dich verloren,
ermahn mich nur, leise, ganz leis zu sein;
weiß ja noch nicht, dass du wirst neu geboren.
Sei leis! Weck sie nicht auf! O Gott schau her!
Sie braucht noch etwas Schlaf. Der Tag war schwer.
Die Liebste spricht:
Was zauderst du, ans Leben noch zu glauben,
weil Liebchen dir im Todesschatten liegt.
Und lässt der süßen Hoffnung dich berauben,
weil trüber Schein dich um die Wahrheit trügt.
Siehst nicht das Boot zur Fahrt sich schon bereiten,
das Götterboot, das alles Leiden bricht,
wo doch all Leid gebrochen hat die Zeiten,
dass neu erstrahlt die Welt im Morgenlicht.
O Liebster komm, mit mir zurückzukehren,
wo Gram und Elend nimmer dich versehrt,
wo keine Anfechtungen mehr verstören,
wo neu das Leben wieder uns gehört!
O Liebster komm! Nichts soll uns mehr verwehren,
nach Haus ins Licht des ersten Tags zu kehren!
An jenem Tag, als Gott das Korn erfand
und auch die Sichel in des Schnitters Hand,
die Tenne dann zum Dreschen und die Mühle,
bis feines Mehl durch feine Siebe fiele.
Sodann den Teig, wenn er in Form gebracht,
und Feuersglut in Öfen ist gemacht
im ganzen Land, dass nicht an Brot es fehle
und keinen Menschen jemals Hunger quäle,
da brach vor uns das erste Brot er frisch,
wir waren beide Gast bei ihm zu Tisch,
und sprach zu Geschtin-Ana, seiner Rebe,
dass sie mit Wein des Lebens uns belebe!
Muss zweifeln ich, wo alles das geschehen,
dass wir beim Hochzeitsfest uns wiedersehen?
Wenn du im Himmelskarmel dich befindest,
im Chor der Gottesbräute hold erwacht,
wo schön des Schöpfers höchstes Lob du kündest,
derweil ich wandre noch durch Todesnacht,
will ich dem Thron mich seiner Herrschaft nahen,
verstörter Liebe Sklav, wie sich´s gebührt,
will um des Schöpfers Gunst einfältig fahen,
bis meines Herzens Flehen ihn gerührt.
"Dir übergeb ich sie, so soll es sein!
Nie sollst entbehren du mehr ihre Hand!
Die Liebste sei für immer nunmehr dein!"
So mag dann sprechen er, der uns erfand.
Dann lass mein Herz ich fest an deines pochen,
bis allen Elends frei ich mich gesprochen.
Würdest du auch im Chor der Heiligen singen,
die ihm den Thron der Herrlichkeit umstehn,
und ich nur wie ein Hündchen hört es klingen,
weil ich den Preisgesang nicht könnt verstehn,
du würdest, Liebste, mich allein nicht lassen.
Der mein Geschick mit deinem fest verband,
ihm, bittend, würdest du die Knie umfassen,
erinnernd ihn an seine Schöpferhand:
"Gemeinsam haben wir dein Lob gesungen,
gemeinsam Vater-unser dich genannt,
gemeinsam hat, von deinem Reich durchdrungen,
nach dir voll Sehnsucht unser Herz gebrannt."
Und er, der Tröster ist der trostlos Armen,
wird deines Herzens Bitte sich erbarmen.
Theos gar kai to gignoskein philous (Euripides Helena)
Gewiss, mein Liebchen wirst zuerst du wecken,
die immer deiner Vaterhuld vertraut,
die Schöpferliebe neu in ihr entdecken,
bis neu in dir sie wieder sich erschaut.
Doch wirst, o Herr, du ihren Namen nennen,
den Arm ihr reichen, wenn im Tod noch liegt
die ganze Welt, wird auch mein Leib entbrennen
in Lieb auflodern, die kein Tod besiegt.
Liebchen erschauend werde ich erwachen,
erkennend, was dein Wunderarm erschafft.
Was wär auch dir verwehrt, es neu zu machen
siegreich in deiner Herrlichkeit und Kraft.
Durch Adam hast du Leben viel gegeben.
In Liebchen gibst auch mir du neu das Leben.
Jutta, ma drue, Jutta, m´amie
En vus ma mort, en vus ma vie.
Ich wollte bleiben und ich ging doch fort,
wollt auf dich warten und doch zog´s mich weg.
Die Scham befahl, von hier geh weg, sofort!,
und führte tief ins Dunkel mich den Steg.
Und war doch dein! Und bin doch dein geblieben,
ob auch der Abgrund tosend mich umdräut,
Liebste, mein Himmel du, den ich muss lieben,
du meines Lebens Sinn, der mich erfreut.
Singt, Musen, wieder, wie ihr einst gesungen,
damals als mich der Liebe Wunder fand.
Singt wieder mir die Lieder, die erklungen,
als mich die Liebe mit der Liebsten band.
Wie damals, als sie segnete den Bund,
hebt Musen wieder mich an ihren Mund!
(Beim Vorbeifahren mit der Straßenbahn,
wo meine Liebste einst gewohnt hat.)
Steigt auf, ihr Träume, singt und spielt mir auf,
dass noch einmal das Land mir wiederkehre,
dort wo begonnen ich des Lebens Lauf,
das Land der Liebsten, dass ich es verehre.
Steig auf, du Land, du goldenes Himmelsland,
dass noch einmal das Wunder ich erschaue,
wo mir die Liebste einst gereicht die Hand.
Voll Rosenbäumchen stand die Himmelsaue.
Steig, Liebste, auf, die wir durchs Leben eilten,
das nun so jäh schon wieder uns entschwand,
steig, Liebste, auf und zeig, wie wir es teilten,
und wie das Leben neu in dir sich fand.
Steig, Liebste, auf, du wundervolles Leben,
dass ich´s noch einmal kann mit dir erleben!
Kennt ihr die Ferne denn, in der ich weile,
und kam die Liebste euch jemals so nah?
Jetzt, ob ich unentwegt auch streb und eile,
entfern ich mich nur mehr noch, bin nie da.
Einst sagte sie zu mir "Mein Liebster komm!
Komm als mein Bote königlich gesandt
zu deiner Königin! Sei stark und fromm!
Scheu dich nicht, komm und reich mir deine Hand!"
Und ich, ich kam zu ihr, die ich verehre,
und sie, sie sah mich, sah, wie ich sie sah!
Jetzt aber greift der Schmerz ins Bodenleere,
ich fasse nichts von dem, was jetzt geschah!
Ja, schon gesprungen bin ich aus der Zeit
der Liebsten nach durch Göttergärten weit.
Einst wecktest du mich auf, mich zu erheben
und ich stand auf, war da und ich ward dein.
Da wurden eins wir, wandelten durchs Leben,
um immer füreinander da zu sein.
Jetzt bin allein ich, ess der Mühsal Brot
und schaue aus, wie sich verzehrt die Zeit,
und sehe, wie der All-Erwürger Tod
das Haus verwüstet der Vergänglichkeit.
Liebste, nach dir – dich wieder zu entdecken
und wieder dich zu halten fest im Arm
und deine Liebe wieder zu erwecken
und deines Atems Züge zart und warm –,
Liebste, nach dir sehn ich mich Tag und Nacht,
bis ich das Fernsein hinter mich gebracht.
Komm Liebste, komme sieh her, was ich noch bin,
komm und sieh her, wozu ich jetzt noch da,
komm und bring mir des Lebens festen Sinn,
bring wieder mir des Lebens Frohsinn nah.
Komm, küss mich wieder, Liebste, du, mein Leben,
lass länger mich nicht küssen deinen Tod,
komm schnell herbei mir wieder neu zu geben
den süßen Glauben an der Liebe Gott.
Reich mir die Hand, lass uns zusammen eilen
in Gottes Gegenwart, in Gottes Licht,
dass er der Trennung Wunden uns mag heilen,
die Tränen trocknet uns vom Angesicht.
Komm bis die Finsternis vorüber flieht,
und uns erhofft Bedeutendes geschieht!
Wie ein Rosenkranz um deine Seele
schlingt sich mein Gebet hinauf zu dir,
Liebste du, um die ich mich so quäle,
die so lange nun schon fern von mir.
Unantastbar, voll des ewigen Lebens,
das beschieden denen, die geliebt,
schlummerst du noch aus, doch nicht vergebens,
die den Atem, du, der Hoffnung gibt.
Komm hervor mein Sehnen, mein Verlangen,
all mein Fleisch und sterbliches Gebein,
neu in dir mit Leben zu umfangen,
jubeln zu dir. Komm! Denn sie sind dein.
Komm hervor aus ewig reiner Ferne
leuchtend schön, du, Morgenstern der Sterne.
Vor deinem Bild noch einmal lass mich weinen,
als hätt ich, Liebste, wirklich dich verloren,
und war geboren doch, mich zu vereinen,
mit dir mich zu vereinen nur geboren.
Zum Herrn, der uns erschuf, hab ich geschrien,
doch alles Schreien war umsonst, vergebens,
als hätt er Sprache uns niemals verliehen
und in den Tod gestellt die Spur des Lebens.
Das letzte Stückchen Brot, ich mag´s nicht essen,
das letzte Schlückchen Wein, es sei vergossen,
wenn jemals ich den Bund sollte vergessen,
den wir in seiner Gegenwart geschlossen.
O Liebste Du, die einst bei mir gewesen,
und ohne die ich niemals will genesen.
Iphigenie in Aulis 703
Die ihr die Liebste einstens mir gezeigt,
mir zubestimmt nach göttlichem Verlangen,
der Augen Blicke machtet mir geneigt,
bis ich an eurer Hand sie konnt empfangen:
Des Himmels Ordnungen hab ich erkannt,
im Tag der großen Wiederkehr gelesen;
und was den Sterblichen nicht wird genannt,
war Gegenwart in ihrem Blick gewesen.
Ob dunkle Erde jetzt sie auch bedeckt,
O, pflegt sie gut zu jenem neuen Leben,
bis sie mich einstens wiederum erweckt,
dem Tag der Wiederkehr zurückzugeben.
O, pflegt sie gut, mein Sehnen, mein Verlangen,
bis ich sie wieder kann von euch empfangen!
Vom Staub des Leidenswegs streut mir aufs Haupt,
den Liebchen einst so bitter musste gehen,
als mir der Tod vom Herzen sie geraubt,
da er als Beute sie sich ausersehen.
Als ihrem Liebling, bittet dann für mich,
dass sie mich huldvoll wieder mag empfangen,
sagt, wie in Trennungstagen schmerzlich ich
genährt das Hoffen stets und das Verlangen.
Dann legt zur Seite sanft mich ihrem Leib,
schiebt sanft den Arm dem Kopf, der Schulter unter
und deckt mit Erde zu uns, Mann und Weib,
bereit zum Tag, zum Auferstehungswunder,
Bis dann des allerletzten Morgens Licht
das letzte Dunkel der Verzweiflung bricht.
Ich gehöre meiner Liebsten und meine Liebste gehört mir. (Hoheslied)
"Komm, mein König, zu deinem Gelage,
süßen Duft meiner Narden ich trage,
Ruhe, mein Liebster, ein Myrrhenstrauß,
zwischen den Brüsten, du Liebster, mir aus!
Deine Augen, ein loderndes Feuer,
strahlend wie Gold, unschätzbar mir teuer,
Deiner Lippen berauschender Trank,
Liebster, wie macht mich die Liebe krank."
"Liebste, ich hör dich, ich komme, ich eile,
bis ich bei dir, beim Gelage, weile,
Lausch deiner Stimme, des Herzens Gesang,
Liebste, wie macht mich die Liebe bang.
Lass in die Kammer den Wein uns bringen,
dass wir die Liebe, du Liebste, besingen!"